Lesung: Heinrich Böll am 03.10.2019 in der Rebell(i)schen Studiobühne – Konzertbericht

Der Literatursalon der Nobelpreisträger

Heinrich Böll und seine satirischen Kurzgeschichten

 Heinrich Böll

Am 3. Oktober 2019 fand die Premiere unseres neuen Formats „Literatursalon der Nobelpreisträger“ statt. Die Rebell(i)sche Studiobühne will nicht nur Musikkonzerte offerieren, sondern auch Lesungen etc..
Die Vorleser Moritz Stoepel und ich (Volker Rebell), wir hatten uns zur Premiere das Thema Heinrich Böll vorgenommen.

Moritz Stoepel & Volker Rebell (Foto gs)

Ausgerechnet am „Tag der Deutschen Einheit“ aus satirischen Kurzgeschichten von Heinrich Böll vorzulesen, ist Absicht. Böll war ein kritischer Geist, mischte sich ein, nahm kein Blatt vor den Mund. Er stand mit seinen öffentlichen Stellungnahmen oft mitten im Meinungsstreit, äußerte sich engagiert und unmissverständlich und prangerte Missstände an. Von politisch erzkonservativer Seite reagierte man mit Verunglimpfungen und Verdächtigungen, nicht zuletzt in den Monaten, die der Nobelpreisverleihung 1972 vorausgingen und eine erste Eskalation terroristischer Gewalt und staatlicher Gegengewalt sahen. Böll wurde von der Springerpresse als Sympathisant der RAF angefeindet - mehr noch: als „geistiger Wegbereiter des Terrors“ diffamiert. Die Regisseurin Margarethe von Trotta, die 1975 bei der Verfilmung von Bölls Roman „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ neben Volker Schlöndorff Regie geführt hatte, schrieb damals in ihr Tagebuch: „Ich habe Angst, dass Böll abgeknallt wird“. Heinrich Böll wurde - Zitat - „gefeiert, und er wurde bespuckt“, wie es Willy Brandt nach Bölls Tod 1985 formulierte. Der bekennende Katholik Böll kritisierte die Heuchelei der Amtskirche und das „Nachleben des Faschismus“ in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Er prägte maßgeblich das Profil der aktualitätsbezogenen, „nonkonformistischen“, sozial- und moralkritischen Nachkriegsliteratur. Seine entschieden kritische Sicht auf Politik, Staat und Gesellschaft und erst recht seine Glaubwürdigkeit und Integrität ließen ihm eine moralische Autorität zuwachsen, mit der sich kaum ein Politiker messen konnte.

Moritz Stoepel (Foto gs)

Seine satirischen Kurzgeschichten, auf die wir uns an diesem Abend konzentrieren wollen, entlarven den geschäftigen Kulturbetrieb, den Talmiglanz und die Ungerechtigkeiten und Missstände der Gesellschaft auf gleichermaßen pointierte wie vergnügliche Weise. Böll kleidet seine kritischen Botschaften in teils bitterbösen Humor. So bringt er den Leser nicht nur zum Schmunzeln, sondern auch zur Einsicht.

Die Kurzgeschichte „Erinnerungen eines jungen Königs“ schrieb Böll 1953

Die Kurzgeschichte „Schicksal einer henkellosen Tasse“ entstand 1952.
Das folgende Video enthält nur einen kurzen Ausschnitt.

Robert Gernhardt schrieb 1994:
„Der Böll war als Typ wirklich Klasse. / Da stimmten Gesinnung und Kasse. /
Er wär’ überhaupt erste Sahne, / wären da nicht die Romane.“
Wir konzentrierten uns auf Bölls satirische Kurzgeschichten.

Unser zweiter „Salon der Literaturnobelpreisträger“ wird am 7. November 2019 Hermann Hesse gewidmet sein. (VR)

Moritz Stoepel (Foto gs)

Volker Rebell (Foto gs)

Der Literatursalon der Nobelpreisträger

Lesung: Heinrich Böll