Tom Schroeder – in memoriam

Als Radiomacher und Festival-Gründer hat er deutsche Popgeschichte geschrieben

Der Podcast zur Nachrufsendung

Tom Schroeder (Foto: Ingo Nordhofen)

 

Tom Schroeders markante Radiostimme ist nicht verstummt. Sie ist nur leider nicht mehr live zu hören. Er war einer der profiliertesten Radiomacher schon ganz zu Beginn des Popradios in Deutschland. Nun ist er im Alter von 85 Jahren gestorben. Auch als Veranstalter und Festival-Mitbegründer hat er Geschichte geschrieben. 1968 hob er die Mutter aller deutscher Popfestivals, die Internationalen Essener Songtage mit andern zusammen aus der Taufe. Auf der Bühne standen damals Frank Zappa & The Mothers Of Invention und Franz Josef Degenhardt, Guru Guru und Hanns Dieter Hüsch, Julie Driscoll und Amon Düül, Tangerine Dream und The Fugs, Family und Floh de Cologne. Eine solche Stilvielfalt in einem Festival sollte es später nie wieder geben. Bis heute gelten die Essener Songtage als Geburtsstunde einer eigenständigen deutschen Rockmusik.
Tom Schroeder gehörte sowohl zu den Initiatoren des Liederfestes der Burg Waldeck, als auch des Mainzer Open Ohr Festivals und des Lahnsteiner Bluesfestivals. Er war Ko-Autor der legendären 13-teiligen Fernsehserie „Sympathy For the Devil“ von 1972 über die Geschichte von Blues und Rock, präsentiert damals von Alexis Korner.
Tom Schroeder war Mitglied in der Jury des Deutschen Kleinkunstpreises und gehörte zu den Juroren des Preises der Deutschen Schallplattenkritik und der Liederbestenliste.
Im Laufe seines Radiolebens gestaltete und moderierte er als Autor mehr als 3000 Hörfunksendungen - mit den musikalischen Schwerpunkten „Folk & Blues, Song & Chanson, Kabarett & Comedy und Rock & Jazz“. Zu verschiedenen Themen der Popkultur produzierte er Radio-Features, die inhaltlich und formal Maßstäbe setzten. In dieser Nachrufsendung werden Ausschnitte aus wichtigen Radiosendungen von Tom Schroeder zu hören sein.

 

Werner Reinke, Tom Schroeder, 06.12.2018, Rebell(i)sche Studiobühne (Foto: gs)

 

Playlist der Sendung Tom Schroeder – in memoriam

Artist / Track / Album / Label

1. L.Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records /

2. John Lee Hooker / Blues Is The Healer / The Healer

3. Carl Carlton / Good To Be Alive / Woodstock & Wonderland Live / Staages Music

4. Tom Schroeder / Radio-Feature Internationale Essener Songtage, IEST 1968 (Ausschnitt) / WDR5 2018

5. Guru Guru / Freedom / The Incredible Universe of Guru Guru / Repertoire Records, Tonpool

6. Leon Thomas / Welcome To New York / 3 Shades of Blue / Flying Dutchman

7. Charly Schreckschuss Band / Männer und Frauen / Was nun – was tun? / Schreckschuss

8. Jim Kahr / Nothin' To Lose / Keepin' It Hot / Zyx, Peppercake Records

9. Tom Schroeder / Radio-Feature „Musse feiffe inne Wind – Bob Dylans Lieder auf Deutsch – His Bobness zum 75. Geburtstag“ (Ausschnitt) / WDR5 spezial 2016

 

Tom Schroeder, Volker Rebell, 06.12.2018, Rebell(i)sche Studiobühne (Foto: gs)

 

Die Nachrufsendung „Tom Schroeder – in memoriam“ wird am Do 14.12.2023 um 23 Uhr von Antenne Mainz über DAB+ und UKW ausgestrahlt und läuft in Radio-Rebell am Fr 15. und Sa 16.12.23 jeweils um 22 Uhr.

 

Der Zusammenschnitt der Sendung (mit allen Wortanteilen, aber nur kurzen Musikausschnitten in geringer Bitrate von 112 kBit/sec. wiedergegeben, nur zur Dokumentation) ist als Podcast hier zu hören:

 

Preis der deutschen Schallplattenkritik Logo

Die „Deutsche Schallplattenkritik“ schreibt über Tom Schroeder:
„Tom (Thomas) Schroeder, Jahrgang 1938, lebte seit 1970 in Mainz-Gonsenheim. Autor, Moderator, Veranstalter und passionierter Teamplayer (überzeugt davon, dass mehr als nur eine/r aus dem Team erwähnt werden sollte). An die 3.000 Radio- (ab und zu TV-) Sendungen mit Folk & Blues, Song & Chanson, Rock & Roots, Kabarett & Comedy, Jazz & Lyrik (WDR ab 1968, hr ab 1970, SWF/SWR ab 1974, DLF ab 2008). 1998-2003 festangestellter Musik- und Unterhaltungsredakteur beim Radiosender SWF4/SWR1 in Mainz. Fernsehen: Co-Autor der 13-teiligen Serie Sympathy for the Devil (1972ff., Redaktion Horst Königstein, NDR). 1983-1990 zusammen mit Achim Sonderhoff, Sibylle Nicolai, Bettina Böttinger Doppelmoderation WDR-Folkfestival (Redaktion Jan Reichow, Dieter Kremin). 1987-1988 Moderation Musikmagazin Kostprobe (SWF-TV, Redaktion Frank Odental).
Als »sozialdemokratischer Hippie« (Thomas Leif) Mitveranstalter von Festivals: Internationale Essener Song Tage (IEST 1968), Burg Waldeck (1969, 1993–1997). 1975 gemeinsam mit Uli Holzhausen, Günter Schreiber, Reinhard Hippen Gründung des bis heute erfolgreichen Mainzer Open Ohr Festivals (with a lot of little help from the friends Isolde Schroeder-Gsell, Ursula Lücking, Monika Winhuisen, Martin Degenhardt, Rolf Schwendter, Walter Mossmann und vielen anderen).
Seit 1981 Internationales Lahnsteiner Bluesfestival, im Team mit u.a. Manfred Miller, Thomas Dittrich, Detlef Gattner, Hans Jacobshagen, Christian Pfarr, Arnim Töpel, Jürgen Hardeck, Sonja und Markus Graf.
Auszeichnungen: Blues-Louis (SWR-Blues-Preis) 2004, Peter-Cornelius-Plakette (für Verdienste um das Musikleben in Rheinland Pfalz) 2005“.

Peter-Cornelius-Plakette

Das Deutsche Musikinformationszentrum (Deutscher Musikrat) schrieb am 1. September 2005 anlässlich der Verleihung der Peter-Cornelius-Plakette an Tom Schroeder:

„Für seine zahllosen Verdienste um die Kultur- und Musikszene des Landes Rhein-land-Pfalz hat Roland Härtel, Staatssekretär für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, den Mainzer Rundfunk-Journalisten Tom Schroeder mit der Peter-Cornelius-Plakette ausgezeichnet.
„Sie waren und sind Autor, Moderator und Programmgestalter. Aber eigentlich waren und sind Sie nicht zuletzt so eine Art >Entwicklungshelfer< für die rheinland-pfälzische Kleinkunst- und Musikszene und dabei ein Netzwerker aus Überzeugung in, aber auch zwischen der Kultur- und Medienszene“, sagte Härtel, als er dem 65-jährigen Schröder die Plakette bei einer Feierstunde im Foyer des Südwestrundfunks (SWR) in Mainz verlieh.
Mit mehr als 3.000 Folk- und Bluessendungen im Radio ist Tom Schroeder zu einem Markenzeichen des SWF, später des SWR geworden. Er nutzte sie, um Künstlerinnen und Künstler zu fördern und dem talentierten Nachwuchs eine Chance zu geben.
Schroeder habe ihre Musik gespielt, Bücher vorgestellt und auf Auftritte hingewiesen, habe glänzende Interviews geführt und Hintergründe aufgehellt, sagte der Staatssekretär. Seine Zuhörerinnen und Zuhörer habe er mit „viel Witz, mit Herz und mit Mut zum Experiment“ gleichermaßen unterhalten und informiert. „Sie sind kein Mann des Formatradios, sondern ein Mann, der dafür sorgte, dass das Radio Format hat“, urteilte Härtel.
Bleibende Verdienste habe sich Schroeder auch durch sein ehrenamtliches Engagement erworben. Der Staatssekretär verwies darauf, dass Schroeder unter anderem 1975 das bis heute bundesweit beachtete Open-Ohr-Festival in Mainz und 1981 das wichtigste deutsche Bluesfestival, das SWR-Bluesfestival in Lahnstein, mitbegründet habe. Die legendären Liedermacher-Treffen auf der Burg Waldeck im Hunsrück seien untrennbar mit Tom Schroeders Namen verbunden. Mit seiner Kreativität habe er auch den Kultursommer des Landes Rheinland-Pfalz bereichert.
Seine profunden Kenntnisse habe Schroeder zudem in viele Jurys eingebracht, beispielsweise der des Deutschen Kleinkunstpreises und des Preises der Deutschen Schallplattenkritik, des renommiertesten deutschen Musikpreises.
All dies mache Tom Schroeder zu einem würdigen Träger der Peter-Cornelius-Plakette, mit der das Land seit 1951 einmal pro Jahr Rheinland-Pfälzer auszeichne, die sich um die Musikpflege und Musikschöpfung verdient gemacht hätten.“
Quelle http://www.mwwfk.rlp.de

 

Die Mainzer Allgemeine Zeitung veröffentlichte ihren Nachruf am 14.12.2023.

Ein ausführliches SWR-Interview mit Tom Schroeder kann man hier sehen.

 

Tom Schroeder, 06.12.2018 (Foto: gs)