Das Ende der Beatles

Die Beatles trennten sich vor 50 Jahren

und wurden unsterblich

The Beatles
(Foto: Wikipedia, Library of Congress's Prints and Photographs division, public domain)

Die Beatles trennten sich vor 50 Jahren – und wurden unsterblich. Teil 1
(der Text stammt überwiegend aus meinem Manuskript meiner Kramladen-Sendung vom 02.04.2020)

Vor 50 Jahren, genau am 10. April 1970, wurde die Popwelt von der Meldung schockiert, die Beatles würden als Gruppe nicht mehr existieren. De schöpferischste, wichtigste und berühmteste Popgruppe der sechziger Jahre – und vielleicht sogar aller Zeiten – hatte sich aufgelöst. Mit einem Mal war alles anders. Endzeitstimmung breitete sich in der Szene aus. Die Nachricht vom Ende der Beatles schlug damals wie eine Bombe ein. Trauer und Depression befiel Abertausende von Fans. Ein wichtiger Lebensabschnitt, vielleicht sogar eine ganze Epoche, jedenfalls die Sixties mit ihrer Aufbruchstimmung und ihren Glücksversprechen waren mit diesem Datum vor 50 Jahren endgültig zu Ende. Mit einem Mal schien so vieles, fast alles verloren. Viele Fans hatten ein Stück ihrer Identität verloren. Sie hatten den Aufstieg der Fab Four von Anfang an begeistert mitverfolgt, von der euphorischen Beatlemania bis zu den künstlerischen Höhepunkten der Revolver- und Sgt-Pepper-Ära und bis zur scheinbaren Rückbesinnung auf die Wurzeln in der Get Back- und Let It Be-Phase, was sich nun als Endpunkt herausstellte. Nach dem 10. April 1970, dem Datum der Nachricht von der Beatles-Trennung, erlitten auch die Fans die äußerst schmerzliche Trennung von ihren Idolen. Und viele von Ihnen erinnern sich auch heute noch betrübt an den Verlust von damals und denken mit Wehmut an diese unvergleichliche Phase in ihrem Leben zurück. Was ist von den Beatles geblieben. welche Bedeutung haben sie heute noch? Sind sie in der aktuellen Musikszene überhaupt noch ein Thema oder längst als erledigt ad acta gelegt? Und nur noch ein Nostalgie-Thema für Rentner und vom Aussterben bedrohte Hochbetagte, also für die Risikogruppen speziell in diesen Corona-Zeiten?
„Yesterday“ in Quarantäne-Zeiten:

In einem vieldiskutierten aktuellen Song, dem neuen und nach acht Jahren erstmals wieder selbstverfassten Song von Bob Dylan, werden interessanterweise die Beatles thematisiert, wenn auch nur kurz und auch nur als eine Rückbesinnung von verschiedenen auf die sechziger Jahre, neben dem Mord an John F Kennedy, neben Woodstock, der Rockoper Tommy, neben Etta James und John Lee Hooker, ... sogar Marilyn Monroe wird zitiert und die halbe Popwelt der Sechziger. Aber die Beatles folgen gleich auf JFK mit der Zeile: „The Beatles are coming, they’re gonna hold your hand“, was immer der Dichter Dylan damit sagen will in diesem 17 Minuten langen neuen Epos, vielleicht soll es heißen, die Beatles reichen uns die Hand und stehen uns hilfreich zur Seite. Aus diesem 17-minüten Großwerk mit dem Titel „Murder Most Foul“, was ein Hamlet-Zitat ist und übersetzt bedeutet „schnöder Mord“, ist in der Radiosendung aus Zeitgründen nur ein Ausschnitt zu hören. Das Video folgt hier in kompletter Länge, mit den Songlyrics.

Bob Dylan trägt das 20. Jahrhundert in den USA zu Grabe, so lautet eine Analyse des Songtextes von „Murder Most Foul“, dem neuen Großwerk von Bob Dylan. Und der Auftritt der Beatles im Songtext dieses Opus ist wie der tatsächliche erste Auftritt der Beatles in den USA drei Monate nach der dramatischen Ermordung von John F. Kennedy eine Art Trostspende für das geschockte Amerika. Der Kritiker Marc Ottiker schreibt, Zitat: „Die Beatles nehmen das traumatisierte Land an die Hand und führen es zu Inseln des Trostes, die über den Jazz, den Rock n’Roll, über Sounds von Song- und Filmtitel geradewegs ins verwundete Herz dieses Landes führen.“ - Zitatende. Die Beatles als heilende Kraft, das ist ein schönes Bild. Und das ist nicht nur eine Metapher. Die Musik der Beatles hatte tatsächlich für eine ganze Generation im Aufbruch der sechziger Jahre eine heilsame Funktion und transportierte die Botschaft von der Befreiung aus dem spießigen Muff der fünfziger Jahre, aus der Umklammerung der einengenden Moral und verordneten Zwänge der konservativen Gesellschaft. Die Musik der Beatles gab Trost und Perspektive, vermittelte Lebensfreude und Selbstbewusstein und weckte die Hoffnung, alles sei möglich. Man müsse einfach nur losgehen, und bräuchte nicht lange zu warten, bis jeder sein Glück fände. It won’t be long

Der mitreißende Beat, die elektrisierenden Yeah-Rufe des Chors und die verlockende Botschaft, es wird nicht mehr lange dauern, bis ich zu dir gehöre und wir jeden Tag glücklich sein werden, dieser überumpelnde Song, den John Lennon leidenschaftlich sang, markierte im November 1963 den Beginn der Beatlemania. Wer diese Euphorie, dieses überwältigende Hochgefühl verbunden mit einem grenzenlosen Optimismus damals am eigenen Leibe verspürt hat, wird die Erinnerung daran sein ganzes Laben lang nicht vergessen können.
2020 ist erneut ein Jahr der Beatles, denn so viele runde Jubiläen wie in diesem Jahr gab es schon lange nicht mehr. Vor 50 Jahren löste sich die Gruppe auf und vor 60 Jahren begann die Band-Geschichte von The Beatles, nachdem John, Paul und George (Ringo stieß erst im August 1962 zur Band) zuvor als The Quarrymen, Johnny and The Moondogs, bzw Silver Beetles aufgetreten waren. Am 17. August 1960 gab die Band in Hamburg ihr erstes Konzert unter dem Namen The Beatles (damals noch mit dem Schlagzeuger Pete Best). Am 10. April 1970 erklärte Paul McCartney seinen Austritt aus der Band, dies ist ja der Anlass für das Thema dieser Sendung und Paul besiegelte damit das Ende der Beatles.
In diesem Jahr 2020 ist auch der 40. Todestag von John Lennon am 8. Dezember zu begehen und sein 80. Geburtstag am 9. Oktober zu feiern. Auch Ringo wird 80, und zwar am 7. Juli. Und auch der erste Bassist der Beatles, Stuart Sutcliff, der 1962 in Hamburg starb, wäre am 23. Juni 80 Jahre alt geworden. und um es mit den runden Beatles-Jubiläen im Jahre 2020 noch auf die Spitze zu treiben und damit solls dann auch gut sein, das letzte Beatles-Album „Let It Be“ erschien vor 50 Jahren, genau am 8. Mai 1970. „Let It Be“, gerne als der Schwanengesang der Beatles bezeichnet, war sicher nicht ihr bestes Album, fast im Gegenteil. Das Songmaterial entstammte den bandintern hochproblematischen „Get-Back-Sessions“ aus dem Januar 1969, die frustriert beendet wurden, ohne dass die Aufnahmen gemeinsam zu Ende geführt worden wären. Details folgen noch in der speziellen Kramladensendung zum 50-jährigen Jubiläum von „Let It Be“. Vorweg schon mal einer der stärkeren Songs des Albums, den von John und Paul gemeinsam geschriebenen Song „I’ve Got A Feeling“. Obwohl, zusammen geschrieben ist nicht ganz zutreffend, zusammengefügt wäre richtiger, denn der Song besteht aus zwei Songfragmenten, die jeder von beiden eingebracht hatte und die erstaunlich gut zusammen passten und dann gegen Ende sogar miteinander verzahnt wurden durch die Überlagerung von Elementen aus beiden Songfragmenten. Paul hatte sein eher optimistisch gehaltenes halbfertiges Stück „I’ve Got A Feeling“ eingebracht, John sein ebenfalls nur bruchstückhaftes, eher pessimistisch eingefärbtes Stück „Everybody had a hard year“, in dessen litanei-ähnlichem Text er seine dunklen, wenn auch ironisch gebrochenen Kommentare zum vergangenen Jahr abgab, das für ihn einiges an persönlichen Problemen gebracht hatte. Der Song wurde live aufgenommen am 30. Januar 1969 während des legendären Rooftop-Konzertes auf dem Dach des Apple-Gebäudes. Die Live-Aufnahme konnte hörbar machen, dass die Beatles damals auch live immer noch eine ziemlich gute Band waren.

Paul hatte so ein Gefühl, tief drinnen, das er nicht verbergen konnte, ein Gefühl wahrscheinlich für seine Linda – und John psalmodierte, dass jeder ein hartes Jahr gehabt habe, einen feuchten Traum gehabt hätte, sich die Haare wachsen ließ und die Socken hoch gezogen habe. Aber John sah auch ein wenig Positives und sang, jeder hatte eine tolle Zeit und sah den Sonnenschein. Der Song „Ive Got A Feeling“ ist nicht unbedingt ein gutes Beispiel, um den Rang und Einfluss der Beatles in der Popgeschichte zu verdeutlichen. Dennoch: Die Bedeutung der Beatles für die Musik, Kultur und Gesellschaft der sechziger Jahre kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Auch über die Auflösung der Band hinaus, blieb ihr Einfluss ungebrochen – bis heute. Sie haben vieles Vorweg genommen, was auch heute noch von Belang ist. Sie lenkten den Blick der Popmusik über den Tellerrand hinaus, öffneten Türen zu anderen Musikgenres und Kulturen, experimentierten mit innovativen Sounds, integrierten im Pop damals unbekannte Instrument, produzierten die ersten Videoclips, versuchten als erste Band ihr eigenes Musikbusiness aufzubauen und gründeten eine eigene Platten- und Produktionsfirma. Ihr Einfluss auf die Jugendkultur, die Mode und das Lebensgefühl von Generationen war immens.
Vor allem musikalisch setzten die Beatles Maßstäbe, was die Vielfalt, die stilistische Bandbreite, den Einfallsreichtum, die Wandlungsfähigkeit und vor allem die Qualität ihrer Songs anging. Niemand hat vorher und nachher ein solch schillerndes Kaleidoskop an Abwechslungsreichtum, thematischer Unterschiedlichkeit, produktionstechnischer Raffinesse und kompositorischem Niveau geboten wie die Beatles in den 3.1/2 Jahren ihrer kreativen Blütephase von 1966 bis ’69. Vieles von dem, was sie kreiert haben, bleibt bis heute unerreicht.
Die Auflösung der Beatles vor 50 Jahren war zwar der endgültige Zusammenbruch einer epochalen Band, aber gleichzeitig auch der Beginn ihres Weiterlebens als Legende und ihres Überdauerns bis in alle Ewigkeit.
Davon dürfte auch die „Yesterday“-Coverversion des neuen Jungsstars Billy Eilish vom Februar 2020 Zeugnis ab legen.

Billy Eilish sang bei der Oscar-Verleihung im Februar dieses Jahres eine eigenwillige Version des McCartney-Songklassikers „Yesterday“, der zum ersten Mal im Original übrigens vor 55 Jahren im Beatles-Album „Help“ zu hören war. Und das ist schon bemerkenswert: 55 Jahre später, bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles, einem der weltweit größten popkulturellen Events, interpretiert die 18-jährige Billie Eilish, der neue Superstar des Pop, diesen berühmten, offensichtlich unsterblichen McCartney-Song. Das heißt: Die Beatles sind im Jahre 2020 alles andere als out, sie werden im Gegenteil auch heute noch ausgiebigst gefeiert, etwa in Hamburg, wo ihre Karriere begann, natürlich in Liverpool, wo sie herkamen, und sogar die Stadt Frankfurt wirbt für sich in einer aktuellen Ausstellung mit einem Foto vom Zwischenstopp der Beatles auf dem Frankfurter Flughafen am 2. Juli 1964. Und auch Essen und München weisen gerne darauf hin, dass sie Austragungsorte während der berühmten, einzigen 3-Tage-BlitzTour durch Deutschland im Juni 1966 waren, Essen feiert sich mit dem Beatles-Doppel Konzert in der Gruga-Halle am 25. Juni und München war schon immer schneller und brüstet sich mit dem Beatles-Doppelkonzert im Circus Krone-Bau einen Tag zuvor am 24. Juni 1966.
In Hamburg wo die Beatles so oft aufgetreten sind wie sonst in keiner anderen Stadt weltweit, sollte im März ein 3-tägiges Come Together-Festival über verschiedene Bühnen der Stadt gehen, was aber wegen höherer Virus-Gewalt abgesagt und wegen der Corona-Krise auf nächstes Jahr verschoben wurde.
Das Tourismus-Büro von Liverpool freut sich, dass die Beatles-Touren durch die Stadt auf den Spuren der Fab Four seit Jahren den weitaus größten Anteil am Tourismus-Business in Liverpool ausmachen. In diesem Frühjahr – virusbedingt – natürlich nicht.
Und noch ein paar Hinweise auf Beatles-Konzertereignisse, die für dieses Frühjahr in Deutschland geplant waren, um deutlich zu machen, wie viele Beatles-Veranstaltungen auch noch im Jahre 2020 angeboten werden.
Jetzt im April sollte das Beatles-Musical „All You Need Is Love" durch Deutschland touren und wurde ausgebremst durch das Coronavirus. Gleiches gilt auch für das Beatles-Musical „Yesterday" mit den London West End Beatles, das ebenfalls durch deutsche Großstädte touren sollte. Alles Corona-bedingt verlegt in den Herbst.
Auch die Beatles-Tribute-Band The Analogues sollte von Januar bis in den Herbst mit ihrer „Abbey Road/Let It Be“-Show durch Deutschland unterwegs sein. Doch natürlich kann auch die Konzertreise von The Analogues erst im Herbst beginnen, wenn es denn im Herbst überhaupt mit Konzerten wieder weitergehen kann. Virologen empfehlen ja, man solle Veranstaltungen und Konzerte, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen auch noch im Herbst unterbinden. Aber auch Covid-19 kann die Beatles und deren Fans nicht stoppen. Dann wird halt improvisiert. und man singt mit Galgenhumor statt „I wanna hold your hand“: „I gotta wash my hands!“

Das regelgerechte Händewaschen und Abstand halten wird wohl nicht verhindern können, dass auch alle Konzerte mit Beatlesthematik in diesen Wochen dem Virus zum Opfer fallen. Ob Paul McCartneys einziges Deutschland-Konzert der diesjährigen Tour am 4. Juni in Hannover stattfinden kann, ist mehr als fraglich. Seine „Freshen up“-Europa-Tour soll am 23. Mai in Frankreich beginnen. Was höchst unwahrscheinlich ist (Stand 02.04.2020). Das Glastonbury Festival, das vom 24. bis 28. Juni stattfinden sollte und bei dem auch Paul McCartney auftreten sollte, wurde gerade abgesagt. Auch Ringo Starr wollte mit seiner AllStarr-Band ab Mai auf große Nordamerika-Tournee gehen, auch das wird nichts. Ringo hat die Tour abgesagt und auf das Frühjahr 2021 verschoben. Auch das abgesagte Hamburger Come Together Festival hat einen neuen Veranstaltungstermin gefunden, und zwar das Wochenende 15./16. August 2021. Die Initiatorin des Festivals, die Musikerin Stefanie Hempel, selbst eine überzeugter Beatles-Liebhaberin hat ein eigenes Album mit Beatles-Coverversionen veröffentlicht und bietet seit über 10 Jahren Beatles-Touren durch Hamburg an. Mit ihrer Ukulele unterm Arm ist sie mit Fans aus aller Welt auf den Spuren der Beatles durch St. Pauli unterwegs und singt vor den historischen Orten, wo die Beatles in den Jahren 1960 und 62 aufgetreten sind, mit ihrem Publikum Beatles-Songs aus jener Zeit – jetzt aktuell dank (besser: undank) Corona natürlich nicht. Aber man hat ja ihr Album „Why Don’t We Do It In The Road“, auf dem sie einige recht originell bearbeitete Beatles-Klassiker versammelt hat, wie z.B. ihre hörenswerte Neufassung des Lennon-Songs „Julia“.

Die in Hamburg lebende Sängerin und Gitarristin Stefanie Hempel überzeugt mit ihrem Beatles-Cover-Album „Why Don’t We Do It In The Road“, dem der gerade gehörte Song „Julia“ entnommen war, John Lennons Songwidmung für seine Mutter Julia, wie auch für seine damals neue Liebe Yoko, enthalten im Weißen Doppelalbum der Beatles von 1968.
Ende 1968, als das Weiße Album erschien, waren die Beatles noch immer das Maß aller Dinge im Pop weltweit – und das nun schon seit fünf Jahren ohne Unterbrechung. Man muss sich den Quantensprung in diesem doch recht kurzen Zeitraum ihrer kreativen Explosion bewusst machen: Es waren nur drei Jahre vergangen zwischen dem unbekümmert losstürmenden „Can't By Me Love“ und dem komplexen „Sgt. Pepper“-Album. Und nicht mal vier Jahre lagen zwischen der zusammengeschweißten Gemeinschaft eines Quartetts, über das die Massenhysterie der Beatlemania hereinbrach, und der unverkennbaren Individuierung von vier Einzel-Persönlichkeiten, denen es gelang, in einer gemeinsamen Anstrengung die auftretenden Zentrifugalkräfte in einem Gruppenalbum von vier Solisten schöpferisch zu bündeln.
Mit ihrem vielgestaltigen, teilweise brillanten Weißen Album behaupteten die Beatles ein letztes Mal ihre Ausnahmestellung als Leitfiguren und Universalisten des Pop jener Zeit. Doch ihre unangefochtene Spitzenstellung als innovativste Kraft der Szene begann zu bröckeln und das Ende der Beatles als Gruppe zeichnete sich ab.
Etliche Songs des Weißen Albums stehen bis heute bei Musikern hoch im Kurs und werden gerne und oft gecovert, so auch Paul McCartneys Gitarren-Ballade „Blackbird“, hörenswert interpretiert und gerade veröffentlicht vom Trio Simplified aus dem Rhein/Main-Gebiet. Und weil es kein Video von Simplified gibt, als Ersatz eine Live-Fassung von Crosby Stills & Nash.

Von Johann Sebastian Bach hat sich Paul McCartney für das Hauptgitarrenmotiv von Blackbird inspirieren lassen. Das Trio Simplified hat dem Songklassiker aus dem Weißen Album mit einem feinen Vokalarrangement neue Seiten abgewonnen. Das gelungene Debütalbum des Trios Simplified ist kürzlich erst veröffentlicht worden.
Crosby, Stills & Nash hatten bereits 1983 in ihrem Album „Allies“ eine gültige Vokal-Neufassung von „Blackbird“ veröffentlicht.
Mit den teils massiven Auseinandersetzungen und Querelen während der Studioarbeiten am Weißen Album bahnte sich an, dass es mit dem Bestand der Beatles als Gruppe abwärts ging. Paul schien unter dem drohenden Ende am meisten zu leiden und versuchte sich offenbar auch mehr dagegen zu stemmen als die anderen. Den Schlusspunkt der Zusammenarbeit mit John, George und Ringo hatte Paul allerdings selbst gesetzt und als erster öffentlich gemacht mit seiner berühmt-berüchtigten Presseerklärung vom 10. April 1970, die damals ein mittleres Erdbeben in der Popszene auslöste, weil Paul unmissverständlich erklärte, dass er die Band verlassen habe. Und dies sei das offizielle Ende der Beatles. Diese Erklärung wurde dem geschäftstüchtigen Paul sofort als cleverer Schachzug ausgelegt. Er habe vor allem sein Soloalbum promoten wollen, das wenige Tage später veröffentlicht wurde. Tatsächlich aber war es Paul, der am intensivsten versucht hatte, die Beatles als Band zusammenzuhalten, allerdings zu seinen Bedingungen, worauf die anderen drei offenbar keine Lust mehr hatten. Die wachsende Dominanz und Eigensinnigkeit von Paul ging John, George und Ringo ziemlich auf die Nerven. Pauls Attitüde, immer häufiger den Chef zu mimen, war wohl nicht der Hauptgrund für das Auseinanderbrechen der Band, trug allerdings in nicht unerheblichem Maße dazu bei. John Lennons Wunsch aus dem Beatleskorsett auszubrechen und nur noch mit seiner neuen Liebe Yoko künstlerisch weiterzuarbeiten, hatte sicher einen größeren Anteil an der Beatles-Trennung. Paul indes litt offenbar am meisten unter dem Ende der Beatles. In einem Interview mit dem Playboy sagte er 1984: „Das Ende der Beatles bedeutete, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht mehr ein noch aus wusste. Jetzt hatte mein Selbstbewusstsein zum ersten Mal einen Knacks abgekriegt. Beim Tod meiner Mutter lief das anders. Es war zwar ein schrecklicher Schlag für mich, aber ich hatte nicht das Gefühl gehabt, ich sei irgendwie schuld daran.“ Noch 1997 sang er in seinem Album Flaming Pie wehmütig nostalgisch über die sechziger Jahre, als er und seine Kumpels trotz aller Diskussionen und Auseinandersetzungen doch immer wieder zu ihren Songs zurückgekehrt seien.
Sie sitzen zusammen, rauchen und diskutieren über die Kompliziertheit des Lebens. Man quatscht die ganze Nacht, redet über alles mögliche. Aber immer wieder kehren sie zurück zu ihren Songs, die sie gemeinsam singen. Diesen Songtext kann man lesen als eine schöne und vereinfachende und harmonisierende Darstellung der Debatten, die die Beatles in den späten sechziger Jahren führten. Und solange sie redeten und noch so kontrovers diskutierten, konnten sie immer wieder zu ihrer Musik zurückkehren und ihre Songs weiter gemeinsam singen. Erst als sie aufhörten, zusammenzusitzen und nicht mehr miteinander redeten, war die Auflösung nicht mehr aufzuhalten.

Paul McCartney schrieb „The Song We Were Singing“ im Januar 1995 für sein Album Flaming Pie unter dem Eindruck der Arbeiten am Beatles-Anthology-Projekt. Das Sichten und Durchhören der alten Beatles-Aufnahmen und damit seines eigenen Musikerbes hinterließ einen nachhaltigen Eindruck bei Paul, ließ viele Erinnerungen wieder aufleben und spornte ihn enorm an, musikalisch dem qualitativen Standard der Beatles-Songs gerecht zu werden, was ihm auf seinen Soloalben nur selten gelungen war. An die überragende Qualität der besten Beatles-Songs kam kaum eine Produktion der Solo-Beatles heran. Warum nur haben sich die Beatles letztlich getrennt, das ist die alte und immer wieder gestellte Frage: woran lags, wer war Schuld?
War es der Zwist zwischen Yoko und Linda oder zwischen Yoko und dem Rest der Beatles-Welt – mit Ausnahme von John, versteht sich? Lag es am herrschsüchtigen Paul oder am egomanischen John? Waren es die Reibereien zwischen Paul und dem Rest-Trio wegen des dubiosen Managers Allen Klein? Oder die Finanzquerelen um die band-eigene Firma Apple? Oder war es das „Beatles-Ding“, das die vier Individualisten zunehmend als Korsett empfanden und allmählich erstickte? Oder waren es gar die Fans, die ihre Helden mit einer erbarmungslosen Leidenschaft verfolgten und fast zu Tode liebten?
In einem Interview sagte Paul eindeutig, wer „Schuld war“.

Womöglich spielte, wie schon erwähnt, Pauls seit Sgt. Pepper stetig wachsender Führungsanspruch eine besondere Rolle, warum bei John ein schleichender Rückzug und Ausstieg unabwendbar war. Wegen seiner Drogenprobleme und der privaten Krise, mit sich, seinen Lebensumständen und seiner Ehe unzufrieden zu sein, war John in dieser Phase nicht in der Lage, die angestammte Führungsposition zu verteidigen. Womöglich konnte es John auch nicht ertragen – und nicht verhindern – von Paul kreativ überflügelt und schlimmer noch: dominiert zu werden. Zur Entfremdung zwischen den beiden trugen wohl auch die geschäftlichen Streitereien im Zusammenhang mit der maroden und chaotisch geführten Beatles-eigenen Firma Apple bei. Der Beatles-Biograph Hunter Davies schrieb angesichts der Zitat „Rechtsstreitigkeiten, finanziellen Haarspaltereien, banalen Privatkriegen, Beschimpfungen, blödsinnigen Gegenbeschuldigungen, pubertären Beleidigungen und dummen Streitereien“ enttäuscht: „Ich fand es traurig, dass Lennon und McCartney am Ende ihrer Zusammenarbeit nichts als mittelmäßige, durchschnittliche, miteinander zankende Ex-Kompagnons waren.“
In seinem Album „Living In The Material World“ von 1973 griff George Harrison dieses peinliche Thema auf. „Verklagst du mich, verklag ich dich“, sang er in seinem „Sue Me, Sou You Blues“ als Reaktion auf die von Paul damals angestrengte gerichtliche Klage gegen John, George und Ringo mit dem Ziel, die geschäftliche Verbindung mit den anderen Beatles aufzulösen.

Auch wenn sich John, Paul, George und Ringo vor 50 Jahren endgültig trennten, auch wenn sie sich Anfang der siebziger Jahre gegenseitig verklagten, die Beatles existieren in gewisser Weise nach wie vor, zumindest wirtschaftlich als Rechtsform. Denn die Beatles-eigene Plattenfirma Apple hat überlebt und veröffentlich fast jedes Jahr zu Weihnachten ein weiteres Recyclingprodukt aus dem reichen Beatles-Repertoire. Im nach wie vor ausgesprochen lukrativen Unternehmen Apple haben die Beatles tatsächlich überlebt, genauer die Beatles-Rechteinhaber. Und wenn sie, die Rechteinhaber nicht gestorben sind, dann leben sie und ihre Erben auch morgen und übermorgen und auf ewig sorgenfrei von den sprudelnden Quellen des niemals versiegenden Stroms der Beatles-Tantiemen, Rechte- und Lizenzen

„Give me money“ The Beatles 1963. War es wirklich der Zaster, der Streit ums Geld, der die Beatles auseinander dividiert hat?
Der Beatles-Biograph Hunter Davies, der wie kaum ein anderer Außenstehender über intimste Kenntnisse aus dem innersten Zirkel der Beatles verfügt, ist der Meinung, dass das Ende der Beatles mit dem Bruch zwischen John und Paul einherging. Und dieser Bruch habe unabänderlich kommen müssen, weil Yoko Ono in Johns Leben getreten war. Johns Lethargie und die Unzufriedenheit mit seinem bisherigen Leben und der Ehe-Routine mit seiner Frau Cynthia, die - Zitat „nie wirklich auf der gleichen Wellenlänge wie John gewesen war und dies auch wusste“, waren durch Yokos Einfluss plötzlich einer neuen Aufbruchstimmung gewichen. Er fühlte sich fast wie neu geboren. Hunter Davies schrieb:
„Yoko war der Funke, der John ins Leben zurückholte. Plötzlich befand er sich auf einer anderen Ebene und erkannte mit einem Schlag, dass Paul, der bis zu diesem Tag sein Freund und Gesinnungsgenosse gewesen war, in vieler Hinsicht genauso konventionell war wie Cynthia.“
Ob dies aber der entscheidende, gar alleinige Grund für die Beatles-Trennung vor 50 Jahren war, wer weiß das schon
So viele wichtige Bands der sechziger Jahre - in England Cream, Blind Faith, Procol Harum, Traffic, The Small Faces etc., in den USA The Band, Iron Butterfly, Moby Grape, The Beau Brummels, Quicksilver Messenger Service, Spirit, Lovin' Spoonful etc. - sie hatten ihre Zeit, manche von ihnen allerdings nicht viel mehr als die berühmten Warhol'schen 15 Minuten Ruhm. Doch die kreativen, innovativen Songschöpfungen der Beatles verkörpern die frech-fröhliche antiautoritäre Haltung und die kulturelle Aufbruchstimmung des Alles-ist-Möglich der 60er-Jahre so umfassend und prototypisch, dass die stille Revolution in den Einstellungen und Ansichten, die damals ihren Anfang nahm, auf immer und ewig nur mit dieser einen Band verbunden und identifiziert werden wird.

And in the end ...
Die Aussage, die Beatles hätten sich getrennt, weil ihre Zusammenarbeit nicht mehr funktionierte oder weil sie gemeinsam kreativ stagnierten, wird durch das letzte Beatles-Album Abbey Road eindeutig widerlegt. Vielleicht war es gut, dass es noch zu Lennons Lebzeiten nicht zu einer Reunion kam. Die beiden posthum veröffentlichten Songs „Free As A Bird“ und „Real Love“ sind recht gut im typischen Beatles-Stil gelungen, aber im Grunde doch nichts als schiere Nostalgie, also wehmütige Erinnerung an eine Zeit, die nicht wiederzubeleben ist.

Die 60er-Jahre waren vielleicht kein Goldenes Zeitalter; aber sie hatten zweifellos viele große Momente, die nicht nur Bryan Adams jubilieren ließen: „Those were the best days of my life." Doch die Songs der Beatles haben bei der damaligen Jugendgeneration etwas bewirkt, was viele bis heute denken lässt, dass die siebenjährige Ära der Beatles-Plattengeschichte das Goldene Zeitalter der Popmusik war - und bleiben wird, ad infinitum.
John Lennon: "In den Sechzigern erlebten wir Jungs eine Revolution - und die betraf nicht nur die kleinen Leute oder bestimmte Klassen, sondern es war eine Revolution des gesamten Denkens. Die Jugend bekam das als Erstes mit, danach die nächste Generation. Die Beatles waren ein Teil dieser Revolution, die in Wahrheit eine Evolution ist und bis heute andauert. Wir waren alle an Bord dieses Schiffes - eines Schiffes, das aufgebrochen war, die Neue Welt zu entdecken. Und die Beatles standen im Ausguck." (zitiert nach "The Beatles Anthology",Ullstein 2000 Klappentext)

The Beatles, 1967 (Foto: Capitol Records, Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Beatles trennten sich vor 50 Jahren – und wurden unsterblich. Teil 2
(der Text stammt überwiegend aus meinem [aktualisierten] Manuskript meiner Kramladen-Sendung vom 15.04.2010)

Damals, im Oktober 1963, waren sie noch die dicken Kumpels, die noch mit voller Überzeugung von „wir“ und „uns“ redeten und sangen. 6.1/2 Jahre später veröffentlichte Paul McCartney ein Interview, das er mit sich selbst geführt hatte. Darin heißt es: „Vermisst Du die Beatles? Nein – Planst du noch weitere Aufnahmen mit den Beatles? Nein - Kannst du dir eine weitere Zusammenarbeit des Komponistenteams Lennon/McCartney vorstellen? Nein – Diese Verneinung einer Beatles-Zukunft erschien am 10. April 1970. Damit war endgültig klar, was schon seit Wochen als Gerücht kursierte, die Band The Beatles hatte aufgehört, zu existieren.

(Foto Daily Mirror)

Zeitungsmeldung über die Beatles-Trennung

Als würde der Weltuntergang bevorstehen, oder als sei der Krieg ausgebrochen, so titelte der britische Daly Mirror am 10. April 1970 in Riesen-Lettern: „Paul steigt bei den Beatles aus!“ Diese Meldung verbreitete sich wie ein Lauffeuer und löste einen Schock in der Popwelt aus. Neben der Trennung von den Beatles kündigte Paul McCartney gleichzeitig das Erscheinen seines ersten Soloalbums an. Damit musste jedem klar sein, das Zeitalter der Beatles war ab diesem Datum Vergangenheit. Für viele Fans war das wie ein Absturz aus heiterem Himmel, sie reagierten mit Trauer und Depression. Eine ganze Generation verlor ihr Flagschiff. Der Traum der 60er Jahre war mit der Auflösung der Beatles endgültig zerbrochen. „The Dream Is Over“ sollte John Lennon ein Jahr später singen. Doch das Leben ging weiter, selbst das der Beatles. Auch 50 Jahre nach der Trennung lebt der Beatles-Mythos noch immer und nichts deutet darauf hin, dass sich daran in der Zukunft ändern wird. Das Rauschen im Blätterwald war damals gewaltig – war es auch zum 40. Jahrestag der Beatles-Auflösung und ist es jetzt wieder. Selbst der Vatikan machte in den Tagen des 40. Jahrestages seinen Frieden mit den frechen Fab Four, und vergab ihnen die Gotteslästerung von Anno 1966, als John Lennon verkündete, die Beatles seien populärer als Jesus. Allerdings konnte der Vatikan nicht nur damals positive Schlagzeilen im Zusammenhang mit der Jugendkultur gut gebrauchen – wobei diese spezielle Jugendkultur ja schon 5 Jahrzehnte zurückliegt, aber noch immer nicht verjährt ist. Der Ruhm der Beatles währt ewiglich. Yes it is, it’s true – yes it is

Don Henley

Beatles Yes It Is

Der Originalsong, der hier zu hören war, erschien vor 55 Jahren. Die mehrstimmig gesungene Ballade „Yes It Is“ war die Rückseite der Beatles-Single „Ticket To Ride“, die im April 1965 veröffentlicht wurde. Die zuvor gehörte Live-Aufnahme war eine Interpretation von Don Henley, dem Drummer und Sänger der Eagles, der seine Fassung von „Yes It Is“ zu Neil Youngs Benefiz-Konzert und CD-Sampler „The Bridge School Concerts“ des Jahres 1996 beisteuerte. Beatles-Songs scheinen geradezu dafür prädestiniert zu sein, bei Charity-Aktionen und Benefiz-Konzerten eingesetzt zu werden. Dafür gibt es unzählige Beispiele. Auch 50 Jahre nach dem Ende der Fab Four als Gruppe gehören ihre zeitlosen Songs noch immer zu unserem Alltag. Beatles-Songs sind Allgemeingut geworden, ob auf privaten Parties oder bei der Beschallung öffentlicher Räume, ob in Radio-Magazinsendungen oder in Telefonanlagen als Pausenmusik, ob auf großen Theaterbühnen oder in kleinen Clubs, Beatles-Songs sind immer wieder präsent. Und die genialsten Songkompositionen von Lennon/McCartney sind Referenzkunstwerke und haben Maßstäbe gesetzt bis heute. Wer sich im weitesten Sinne mit Popkultur beschäftigt, kommt an der Kunst der Beatles nicht vorbei. Wenn nicht das Allermeiste, so haben sie doch sehr vieles in den 60ern vorweggenommen, was innerhalb des Songformats an kompositorischen, arrangementtechnischen und klanglichen Ideen machbar ist. Alle Bands und Songschreiber, die nach ihnen kamen, haben sich – bis heute – an der Beatles-Qualität messen lassen müssen – und das meiste, was heute, 50, 55 Jahre später veröffentlicht wird, kann diesem Qualitätsvergleich nicht standhalten. Bezeichnend für die Kunst der Beatles, auch für ihre Klasse als Interpreten ihrer eigenen Werke, ist die Tatsache, dass nur sehr wenige Coverversionen an die Qualität der Beatles-Originale heranreichen. Selbst Supergruppen wie U2, Toto und Oasis konnten mit ihren Beatles-Interpretationen nicht unbedingt überzeugen. Auch Ben Harper muss sich mächtig ins Zeug legen, damit seine Neufassung von „Strawberry Fields Forever“ neben dem Original nicht verblasst

Ben Harper

Ben Harper bot eine Menge an neuzeitlichen Klangtricks und Spieltechniken auf, damit seine Interpretation von „Strawberry Fields Forever“ bestehen konnte neben dem Beatles-Original. Aber konnte sie das wirklich?
Das Beatles-Original „Strawberry Fields Forever“, geschrieben von John Lennon, erschien am 17. Februar 1967, als Single zusammen mit dem McCartney-Song „Penny Lane“

Auch heute noch ist es ein mutiges Unterfangen und eine große Herausforderung für Musiker dieser Epoche, sich einem direkten Vergleich mit den 50-55 Jahre alten Beatles-Aufnahmen zu stellen. Obwohl die heutigen technischen Möglichkeiten ein zig-faches an Gestaltungsmitteln zur Verfügung stellen, im Vergleich zu den primitiven Studiobedingungen der Beatles in den 60er Jahren, schaffen es nur wenige der heutigen Musiker, den direkten Vergleich zu bestehen. Die fünf Spitzen-Alben der Beatles „Rubber Soul“, „Revolver“, „Sgt. Pepper“, das „Weiße Album“ und „Abbey Road“, sind Meisterwerke und Meilensteine in der Popgeschichte – und sind in gewisser Hinsicht, was die kreative Fantasie der Kompositionen, die originelle Form des Arrangements und der Klanggestaltung und die makellose spiel- und gesangstechnische Ausführung angeht, bis heute unübertroffen – und in gewissen Teilbereichen sogar unerreicht. Doch gelernt haben viele Bands, die nach den Beatles kamen, an den großen Songs von Lennon/McCartney und George Harrison. Etliche Gruppen versuchten, in deren Fußstapfen zu treten und das Beatles-Erbe weiterzutragen. Als legitime Nachfolger von Lennon/McCartney wurden lange Jahre Colin Moulding und Andy Partridge gehandelt, das Kreativ-Duo hinter XTC. Und wenn man ihren Song „Easter Theater“ hört, dann denkt man unwillkürlich: das Erbe der Beatles lebt.

XTC „Easter Theater“

Streicher und Bläser werden kunstvoll eingesetzt. Eine E-Gitarre fetzt kurz drüber, eine Trompete bläst klassisch-konzertante Melodiefolgen und das Mellotron erinnert an „Strawberry Fields“. Der gerade gehörte Song „Easter Theatre“ ist ein wunderbarer kammermusikalischer Popsong von den Beatles-Wiedergängern XTC, enthalten in deren Album „Apple Venus Volume One“ aus dem Jahre 1999. Danach kam leider nicht mehr viel von XTC. Seit 2002 ist die Band fast gänzlich verstummt. Nur Andy Partridge macht als Solist sporadisch weiter. Trotz vergleichbarer Talente und ähnlicher musikalischer Qualität konnte die Band XTC allerdings niemals den Stellenwert der Beatles und deren Bedeutung für die Popwelt auch nur annähernd erreichen – auch keiner anderen Band ist das bis heute gelungen. Vor 50 Jahren haben sich die Poptitanen The Beatles getrennt und sind doch immer noch und überall präsent. Das Auseinanderbrechen der Beatles löste damals auch so manchen inneren Zusammenbruch aus. Paul McCartney berichtet in seiner Biografie „Many Years From Now“ von einer Art Nervenzusammenbruch nach dem Beatles-Split, er habe nachts kaum noch Schlaf gefunden und habe am ganzen Körper gezittert, was ihm seitdem nie wieder passiert sei. Auch bei vielen Fans sind nach der Beatles-Trennung Depressionen bis hin zu Selbstmordfantasien aufgetreten und verbrieft. Mir erzählte damals ein guter Freund, dass er total fertig gewesen sei und die Welt und sich selbst nicht mehr so recht verstanden habe. Er sei tagelang todtraurig und depressiv gewesen, sei in ein dunkles Loch gefallen, weil er gefühlt habe, dass man ihm etwas Lebenswichtiges weggenommen hatte. Er habe sich leer und trostlos gefühlt, weil er ein Stück von sich selbst verloren hatte: ein Stück seiner eigenen Biografie. In dieser depressiven Phase – und vielleicht auch deswegen, sei auch seine damalige Beziehung in die Brüche gegangen. Und danach sei er völlig am Ende gewesen. Stundenlang habe er damals einen bestimmten Beatles-Song immer und immer wieder gehört und dabei Rotz und Wasser geheult. Und er habe nicht mehr unterscheiden können, ob er wegen der Beatles-Trennung geheult habe, oder wegen der Trennung von seiner Freundin – oder: heulte er auch über sich selbst.
I’m A Loser

Als Verlierer fühlten sich viele damals vor 50 Jahren. Sie hatten eine Menge verloren: ein Stück der eigenen Identität, ein Stück Heimat, ein Stück Hoffnung auf die Zukunft. Denn Beatles-Fan war man damals nicht wegen einer pubertären Schwärmerei, sondern aus Überzeugung. Die Beatles waren schließlich nicht irgend eine Popgruppe. Sie waren ein Institution, eines der bedeutendsten Kultur-Symbole jener Zeit. Die Meldung von ihrer Trennung löste fast den gleichen Schock, fast die gleiche Betroffenheit aus als wäre gerade Präsident John F. Kennedy ermordet worden. Auch bei den Nicht-Beatles-Fans hatte die Meldung von der Beatles-Ternnung eine ähnliche Schlagzeilen-Wucht wie die von der ersten Mondlandung im Juli 1969. Und weil die Meldung vom Ende der Beatles nur etwas mehr als drei Mpnate nach dem Jahrzehntwechsel wie ein Lauffeuer durch die Welt Verbreitung fand, glaubte so mancher an eine Art Zeichen. Mit der Auflösung der Beatles hatten sich nun auch die 60er Jahre endgültig verabschiedet – und mit ihnen auch all die naiven Träume von Liebe, Frieden und Gemeinsamkeit. Im Song „Peace and Love“ von 1995 singt Neil Young, begleitet von Pearl Jam: „Frieden und Liebe, Lennon’s Goodbye. Es ist vorbei. Was bleibt ist eine zerbrochene Glock und ein Kinderlied. Und dennoch ist es nicht zu leugnen: wir brauchen Peace and Love.

Neil Young „Peace And Love“

Neil Youngs Abgesang auf die Ideale der 60er “Peace And Love” – und gleichzeitig ihre erneute Bestätigung und Einforderung auch für die 90er Jahre, für die Neil Young diesen Song geschrieben hatte. Die Botschafter der Sixties-Philosophie „All You Need is Love“, sie schienen vor 40 Jahren, als sie an ihrem Endpunkt angekommen waren, eine ganz andere Botschaft zu verbreiten, nämlich: Alles, was du brauchst sind harte Bandagen und Ellenbogen, denn alles, was du hast, sind Zwist, Zoff und Gründe genug für eine Trennung im Streit. Was war eigentlich passiert? Warum waren sich die Beatles derart spinnefeind geworden, dass sie am Ende nur noch über ihre Anwälte miteinander zu tun hatten. Und welche Gründe für die Trennung haben eigentlich die Beatles selbst öffentlich gemacht? Von George Harrison stammt die vieldeutige Aussage, es hätte eine Menge Ego in der Band gegeben
O-Ton George
Und Ringo sagte: es habe sich wie bei einer lange andauernden Scheidung zugetragen. Scheidungen kämen nicht aus heiterem Himmel, davor lägen Monate und Jahre des Elends.
O-Ton Ringo
John Lennon sagte zum Ende der Beatles, es habe sich schon im Weißen Album gezeigt und zuvor in Indien, als George und er geblieben seien, während Ringo und Paul früher abreisten. Es sei ein langsamer Tod gewesen.
O-Ton John
Wenn etwas auseinanderdriftet und keine Verständigung mehr möglich ist, dann liegt das meist daran, dass jede Partei stur auf der eigenen Meinung und Sichtweise beharrt.
Gab es da nicht mal einen Beatles-Song, in dem es hieß:
Versuch, meine Sichtweise zu verstehen.
Nur die Zeit wird zeigen, ob ich Recht hab oder falsch liege
Solange du alles nur aus deinem Blickwinkel betrachtest
kann es durchaus bald vorbei sein mit uns.
Wir können dran arbeiten
Wir können eine Lösung finden

Heather Nova: „We Can Work It Out“ - aus dem Soundtrackalbum „I Am Sam“

Die Hunde bellen es, die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Das Leben ist zu kurz und lässt keine Zeit für sinnloses Gezanke und Streiterei. Diese Zeile hatte John zum Text von „We Can Work It Out“ beigesteuert. Von Paul stammte der Rest des Textes, in dem er eindringlich darum bat, nicht nur auf der eigenen Sichtweise zu beharren, sondern auch die andere Seite zu sehen. Aber genau dies schien den ehemals engen Freunden, die zunehmend zu Streithähnen mutierten, immer schwerer zu fallen. Vor allem der Konflikt zwischen John und Paul spitzte sich zu, aber auch die Reibereien zwischen John und George, George und Paul und zwischen Ringo und Paul führten immer wieder zu Auseinandersetzungen, die sogar zum kurzzeitigen Ausstieg aus der Band erst von Ringo und dann von George führten. Doch die Hauptbruchlinie verlief zwischen John und Paul, aber gegen Ende auch zwischen Paul und dem Rest der Band. Paul McCartney war die treibende Kraft bei den Beatles seit 1967. John, der die Band gegründet hatte und sich immer als Chef fühlte und auch lange als Anführer akzeptiert wurde, kämpfte ab 1967 zunehmend mit eigenen inneren Problemen und ließ in seiner kreativen Produktivität nach, aber auch in seinem Interesse an der Band und deren Entwicklung. Paul, dem die Beatles und ihr Fortbestand von allen Beteiligten bis zuletzt am wichtigsten war, übernahm die verwaiste Führungsposition und drängte die drei anderen immer wieder zu neuen Projekten. Seine oft dominierende und besserwisserische Art ging den andern zunehmend auf den Geist, aber sie mussten auch anerkennen, dass sein Engagement und seine Ideen die Beatles voranbrachten. Nach der vergifteten Studio-Atmosphäre während der Aufnahmen zum Weißen Album, wobei Yoko und John den größten Anteil an der schlechten Stimmung hatten, nach den zersplitterten und separaten Aufnahmen zum Weißen Album wollte Paul das alte Gruppen-Feeling wieder reaktivieren und schlug ein Live-Album vor, dessen Entstehung filmisch dokumentiert werden sollte. Die andern, vor allem John und George machten nur halbherzig mit, die atmosphärische Stimmung im Studio sank auf den Nullpunkt, auch wegen der ständigen Kamerapräsenz. John wirkte oft wie abwesend, kümmerte sich meist mehr um seine Yoko als um den Fortgang der Aufnahmen, kritisierte aber, dass der einzig aktive Paul ständig von den Kameras gefilmt würde, während er und die andern nur Statisten seien. Diese sogenannten „Get Back“-Sessions, aus denen dann später das Album „Let It Be“ destilliert wurde, war tatsächlich Pauls Kind, stand aber unter keinem guten Stern und irgendwann gab auch Paul auf. Man legte das ganze unvollendete Projekt auf Eis. Wenig später konnte Paul die andern drei überraschenderweise nochmals zu einer letzten Studioarbeit überreden, dem finalen Meisterwerk „Abbey Road“. Danach gingen alle erst einmal auseinander. Was aber geschah nun mit den in der Schublade liegenden „Get Back“-Sessions? Die andern drei, die sich gegen Pauls Willen für den ehemaligen Manager der Stones Allen Klein als ihren neuen geschäftlichen Repräsentanten ausgesprochen hatten –
Paul hatte vergebens versucht, seinen Schwiegervater als neuen Beatles-Manager durchzusetzen – die anderen drei übergaben das Rohmaterial der „Get Back-Sessions“ an den Produzenten Phil Spector mit dem Auftrag, aus den unfertigen Aufnahmen ein brauchbares Album zu machen. Phil Spector tat wie ihm geheißen und motzte das eingespielte Song-Material teilweise mit Orchesterpomp und pathetischen Chören auf, was Paul schrecklich fand und unbedingt verhindern wollte. Doch die andern bestanden darauf, dass die Version von Phil Spector in Ordnung sei und genauso veröffentlicht werden sollte, John verstieg sich sogar zu dem Spruch, Spector habe aus Schrott verkaufbares Material gemacht. Für Paul war das eine Demütigung, die er den andern nicht verzeihen wollte oder konnte, schließlich waren die „Get Back-Sessions“ vor allem sein Ding gewesen – und jetzt hatten ihm die anderen drei jegliches Mitspracherecht am Endprodukt verweigert. Dies war für ihn ein Affront, der ihn dazu bewog, endgültig das Handtuch zu werfen. Er mochte vor allem nicht verwinden, dass seine schöne Klavier-Ballade „The Long and Winding Road“ von Phil Spector so verkitscht und verhunzt worden war. Erschwerend kam noch hinzu, dass John Lennon einen lausigen Bass gespielt hatte – John musste Bass spielen, weil Paul bei der Live-Aufnahme im Studio am Klavier saß – und Paul wurmte, dass Phil Spector diesen von John so schlecht gespielten Bass nicht ersetzt hatte, sondern auch noch all diesen Zuckerguss darüber goss. Erst 2003 konnte Paul in seinem Remake-Album „Let It Be – naked“ seinen Song „The Long and Winding Road“ musikalisch so präsentieren, wie er es ursprünglich schon haben wollte. Interessant daran ist aber, dass die Pomp-Version von Phil Spector in den USA zum Nummer 1-Hit aufstieg und den meisten Fans bis heute besser gefällt als die abgespeckte „Naked“-Fassung, wie sie Paul haben wollte. Wir hören Ausschnitte aus beiden Fassungen und beginnen mit der Kitschversion von Phil Spector aus dem Jahre 1970
(Beatles-Original)

So, wie in dieser Fassung von 2003, hatte sich Paul seinen Song „The Long and Winding Road“ von Anfang an vorgestellt. Doch die anderen drei waren frustriert von den quälenden Aufnahmen und hatten keine Lust mehr, sich nochmals mit diesen Songs zu beschäftigen. Also bestanden sie auf der pompös aufgedonnerten Fassung des Produzenten Phil Spector, obwohl der Songautor Paul diese Kitsch-Version unter allen Umständen verhindern wollte. Die Unlust und Ignoranz der andern drei verletzte Paul so sehr und machte ihn gleichzeitig so wütend, dass er alles hinschmiss und am 10. April vor 50 Jahren seine Trennung von den Beatles bekannt gab. Alle dachten damals, der eigensinnige Paul sei also letztlich der Totengräber der Beatles gewesen, tatsächlich aber hielt er als Letzter die Stellung. Ringo war bereits 1968 bei den Aufnahmen zum Weißen Album kurzzeitig ausgestiegen und konnte nur mit Überredungskünsten der andern zur Rückkehr bewegt werden. Auch George hatte kurzzeitig den Hut genommen und war während den „Get Back-Sessions“ im Januar 1969 nach einem handgreiflichen Streit mit John ausgestiegen, worauf John ungerührt meinte, falls George nicht zurückkommt, holen wir Eric Clapton in die Band. George kam schließlich nach einer Woche wieder zurück. Doch dann ließ John im September 1969 die Bombe platzen und erklärte seinen endgültigen Ausstieg aus der Band. Im Juli ’69 hatte er schon ohne die Beatles seinen Friedens-Song „Give Peace A Chance“ mit Yoko veröffentlicht:. Mit seiner neu gegründeten Plastic Ono Band gab er am 13. September 69 ein Konzert in Toronto, dessen Mitschnitt bereits im Dezember 69 als Album erschien. Mit der Plastic Ono Band nahm er ebenfalls im September seine Solo-Single „Cold Turkey“ auf – das heißt John Lennon hatte bereits Tatsachen geschaffen, eine eigene Band gegründet und eine Solokarriere begonnen. Nur aus kommerziellen Erwägungen, um die Veröffentlichung des Beatles-Albums „Abbey Road“ am 26. September 69 nicht mit seinem Austritt zu belasten, kam er mit den andern überein, seinen Ausstieg noch nicht publik zu machen. Um so mehr ärgerte sich John, dass Paul am 10. April 1970 selbst an die Öffentlichkeit ging, um seinen Ausstieg zu verkünden. John unterstellte Paul kommerzielle Gründe. Paul habe mit dieser Aktion, die ein weltweites Echo auslöste, nur sein erstes Solo-Album promoten wollen. John war sauer, dass Paul ihm zuvor gekommen war und das Ende der Beatles verkündet hatte, was doch eigentlich ihm, und nur ihm zustand, schließlich hatte er die Band gegründet und nacheinander Paul, George und Ringo in die Band aufgenommen. John hatte sich schon früh, jedenfalls vor allen andern, mit dem Thema Auflösung der Band oder seinem persönlichen Ausstieg beschäftigt. Ihn wurmte z.B. dass er seit 1966 fast jeden Kampf um die A-Seite einer neuen Beatles-Single verloren hatte. Er stand mit seinem Kreativ-Partner und Rivalen Paul immer im schöpferischen und kommerziellen Wettbewerb um den nächsten Single-Hit. Sie schrieben ja schon lange nicht mehr gemeinsam ihre Songs wie früher, sondern halfen sich höchstens mal mit einer Idee aus.
Jeder von beiden wollte den andern übertrumpfen und der egozentrische John fand es gar nicht gut, als der eigentliche Chef und Kopf der Gruppe häufig nur der zweite Sieger zu sein im Rennen um die neue A-Seite. Die frühen Singles dominierte eindeutig er: I Feel Fine, A Hard Days Night, Ticket To Ride, Help, das waren allesamt seine Songs. Doch mit „Strawberry Fields Forever“ bekam er nur die B-Seite. Paul erhielt mit „Penny Lane“ die A-Seite. Genauso bei Pauls „Hello Goodbye“ blieb für Johns genialen Song „I Am the Warlrus“ nur die undankbare B-Seite. Total enttäuscht und verärgert war John, als sein politischer Song „Revolution“, den er unbedingt als A-Seite der nächsten Beatles-Single veröffentlicht sehen wollte von den andern drei auf die Rückseite der Single „Hey Jude“ verbannt wurde. Erst wollte er partout nicht einsehen, dass Pauls „Hey Jude“ unvergleichlich mehr kommerzielles Potential aufwies als sein Song „Revolution“, dann, als er dieser Einschätzung realistischerweise doch zustimmen musste, wollte er trotzdem „Revolution“ als A-Seite durchsetzen, weil seine politische Botschaft an die Welt doch tausendmal wichtiger sei als ein belangloses Lied mit einem nicht enden wollenden Nanana-Chor. Dass die andern drei aber dennoch bei ihrem einstimmigen Nein blieben, das empfand er als eine solch bittere Niederlage, dass er ernsthaft an einen Ausstieg aus der Band nachdachte. Denn, so sagte er später in einem Interview, die Beatles hätten sich das wirklich leisten können, „Revolution“ als A-Seite rauszubringen, egal ob nun eine goldene oder hölzerne Platte daraus geworden wäre.“

Beatles Revolution

Die Verweigerung der anderen drei Beatles, diese seine politische Botschaft an die Welt als A-Seite der neuen Single im Sommer 1968 herauszubringen, war ein weiterer Grund für John Lennon, den allmählichen Weg des Ausstiegs aus der Band zu gehen. Der Hauptgrund allerdings war, dass er nur noch mit seiner neuen Liebe Yoko zusammensein und künstlerisch zusammen arbeiten wollte. Mit den alten Kumpels Paul, George und Ringo weiterhin Musik zu machen, das interessierte ihn einfach nicht mehr sonderlich. Paul McCartney reagierte in seiner Begründung, warum er die Beatles verlässt, auf Johns demonstrative Betonung seiner neuen Liebe, auf dessen Rückzug ins privatime Leben mit Yoko und auf Johns rigorose Ablehnung einer weiteren Zusammenarbeit mit den Beatles in der bisherigen Form. Paul schrieb in seiner Presse-Erklärung am 10.04.1970: „Gibt es ein neues Album mit den Beatles? – „Nein“. Warum nicht? – Persönliche Differenzen, geschäftliche Differenzen, musikalische Differenzen, aber vor allem, weil ich mehr Spaß mit meiner Familie habe.“ Beide Hauptakteure reklamierten also für sich ihr privates Glück, das Vorrang haben müsse vor dem Fortbestehen der Beatles. Das klingt gut, dürfte aber nur die halbe Wahrheit sein, warum sich die Beatles getrennt haben. Die andere Hälfte dürfte mit den Egos und zunehmenden Egoismen innerhalb des Quartetts zu tun haben, mit Eifersüchteleien und persönlichen Verletzungen, die immer stärker auftraten. Sicher spielten auch die geschäftlichen, finanziellen Auseinandersetzungen eine wichtige Rolle. Doch der entscheidende Punkt scheint die wachsende Entfremdung zwischen John und Paul gewesen zu sein. Die ursprünglich enge Freundschaft und kreative Partnerschaft verwandelte sich in eine ungute Rivalität, die beide auseinander trieb und mit ihnen die gesamte Band.

Ein wichtiger Abschnitt der Popgeschichte, vielleicht gar eine ganze Epoche ging vor 50 Jahren zu Ende. Die wichtigste schöpferische Kraft der 60er Jahre war verloren gegangen und viele Fans hatten damit auch ein Stück ihrer eigenen Identität verloren. Sie hatten den Aufstieg der Fab Four von Anfang an begeistert mitverfolgt, von der frühen Beatlemania, bis zu den künstlerischen Höhepunkten der Sgt. Pepper-Ära und bis zur Endphase des „Let It Be“. Nach dem 10. April 1970 erlitten sie selbst die schmerzliche Trennung von ihren Idolen. Und viele von ihnen denken auch heute noch gerne und manchmal auch mit Wehmut an diese unvergleichliche Phase in ihrem Leben zurück. Die unsterblichen Songs der Beatles sind auch heute noch präsent wie eh und je. Im letzten Herbst kam der gesamte Plattenkatalog in neuer digitaler Neubearbeitung auf den Markt, weitere Wiederveröffentlichungen, Ausgrabungen und Neuzusammenstellungen werden mit Sicherheit folgen. Und die beiden Überlebenden des vierblättrigen Kleeblatts machen weiterhin Musik – im Falle von Paul McCartney sogar manchmal hörenswert innovativ, wie etwa mit seinem Projekt The Fireman. Der Kramladen von und mit VR über das Ende und das ewige Leben einer Legende verabschiedet sich mit The Fireman und „Sing The Changes“

Vor 50 Jahren trennten sich die Beatles

(Der Text entstammt weitgehend meinem Manuskript zweier Radiosendungen zum Thema "Das Ende der Beatles")