Paul McCartney zum 78. Geburtstag (* 18.06.1942)

Kämpferischer Vegetarier, cleverer Geschäftsmann und lebende Poplegende

über seinen Geburtstagswunsch, die Wiederveröffentlichung von "Flaming Pie" und seine Qualitäten als Songkomponist

Sir Paul ließ verlauten, das schönste Geburtstagsgeschenk, das seine Fans ihm machen könnten, wäre, endlich aufzuhören, Fleisch zu essen.
„Alles, was ich mir je zu meinem Geburtstag gewünscht habe, ist Frieden auf der Erde – auch für die Tiere“, schrieb der überzeugte Vegetarier in einem Blogbeitrag für die Tierschutzorganisation PETA.
„Deshalb appelliere ich in diesem Jahr an meine Fans, sich ein Video mit dem Titel ‚Glass Walls‘ anzusehen, welches ich für PETA moderiert habe. Der Grund für diesen Titel war: Wenn alle Schlachthäuser Wände aus Glas hätten – wer würde wohl noch Fleisch essen wollen?“ Und weiter:
„Ganz gleich, ob Ihr euch Sorgen macht über Krankheiten, die von Schlachthöfen ausgehen, über die Tiere, die schrecklich und unnötig leiden, oder über die katastrophalen Auswirkungen der Fleischindustrie auf unsere Umwelt, schaut euch bitte dieses kurze Video an und teilt es mit euren Freunden“.
Paul McCartneys Aufruf und Bitte bezieht sich auf das Video „Glass Walls“, das genau vor 10 Jahren mit seiner Beteiligung als Moderator von PETA produziert wurde. Nicht nur wegen der zum Teil schockierenden Bilder aus Schlachthöfen ist das Video und seine Botschaft nach wie vor aktuell.
Die Non-Profit-Tierrechtsorganisation PETA schreibt zur Aktualität und Brisanz des Videos in Zeiten der Corona-Pandemie auf ihrer Website:
„’Wände aus Glas’ zeigt, dass Hühner und Puten zu Zehntausenden in dreckige Ställe gepfercht werden; dass Schweine oft noch bei vollem Bewusstsein sind, wenn man ihnen die Kehle aufschneidet; und dass Fische aus ihrem natürlichen Lebensraum im Wasser herausgezerrt werden und an den Decks von Fischereischiffen ersticken. In Zeiten von Covid-19 dient uns dieses Video außerdem als Erinnerung daran, dass Krankheiten florieren, wo Tiere unter unhygienischen Bedingungen zusammengepfercht werden: Das neuartige Coronavirus nahm seinen Anfang auf einem chinesischen Tiermarkt, wo lebende und tote Tiere für den menschlichen Konsum angeboten werden. Die Schweinegrippe entstand in der Massentierhaltung. Und andere Influenza-Viren konnten auf Hühner zurückverfolgt werden. Zudem ist die Fleischindustrie einer der Hauptverursacher von klimaschädlichen Treibhausgasen.

Auch Paul McCartney macht seinen Fans in Kürze ein Geschenk, für das sie allerdings erheblich in die Tasche greifen müssen. Am 31. Juli erscheint als Wiederveröffentlichung im Rahmen der McCartney Archive Collection eine umfangreiche, üppig aufgemachte Neuauflage des McCartney-Albums „Flaming Pie“, erstveröffentlicht im Mai 1997. Die neue Deluxe Edition wird 5 CDs und 2 DVDs beinhalten, außerdem ein 128 Seiten umfassendes Buch, unter anderem mit bislang unveröffentlichten Fotos von Linda McCartney. Die CDs enthalten neben dem neu gemasterten Originalalbum auch Studio-Outtakes, Single-B-Seiten, Demos und als besonderes Schmankerl Ausschnitte aus McCartneys Radioserie „Oobu-Joobu“ von 1995. Die beiden DVDs beinhalten unter anderem den Dokumentationsfilm „In The World Tonight“ des Regisseurs Geoff Wonfor, der die Entstehung und die Studioarbeiten am Album „Flaming Pie“ filmisch begleitete, daneben Videos und ein Interview mit David Frost.
Für die Deluxe Edition als „Limited Deluxe Boxset“ muss der Fan und Sammler rund € 250,- berappen.

Hier folgen zum 78. Geburtstag von „Macca“ ein paar Textauszüge aus meiner Multimedia-Box „Paul McCartney: Yesterday & Heute - eine Hommage in Songs, Worten und Texten“:
1997 sang Paul McCartney in seinem Album Flaming Pie wehmütig nostalgisch über die sechziger Jahre, als er und seine Kumpels trotz aller Diskussionen und Auseinandersetzungen doch immer wieder zu ihren Songs zurückgekehrt seien.
Zu guter Letzt blieb immer das gemeinsame Lied.
Sie sitzen zusammen, rauchen und diskutieren über die Kompliziertheit des Lebens. Man quatscht die ganze Nacht, redet über alles Mögliche. Aber immer wieder kehren sie zurück zu ihren Songs, die sie gemeinsam singen. Diesen Songtext kann man lesen als eine schöne und vereinfachende und harmonisierende Darstellung der Debatten, die die Beatles in den späten sechziger Jahren führten. Und solange sie redeten und noch so kontrovers diskutierten, konnten sie immer wieder zu ihrer Musik zurückkehren und ihre Songs weiter gemeinsam singen. Erst als sie aufhörten, zusammenzusitzen und nicht mehr miteinander redeten, war die Auflösung nicht mehr aufzuhalten.

Paul McCartney schrieb „The Song We Were Singing“ im Januar 1995 für sein Album Flaming Pie unter dem Eindruck der Arbeiten am Beatles-Anthology-Projekt. Das Sichten und Durchhören der alten Beatles-Aufnahmen und damit seines eigenen Musikerbes hinterließ einen nachhaltigen Eindruck bei Paul, ließ viele Erinnerungen wieder aufleben und spornte ihn enorm an, musikalisch dem qualitativen Standard der Beatles-Songs gerecht zu werden, was ihm auf einigen Songs des Albums Flaming Pie auch gelang. Der assoziative, auch kryptische Song-Text des Titelstücks machte deutlich, dass Paul McCartney schon längst nicht mehr der Schreiber banaler Songtexte war. Ein gewisser poetischer Gestaltungswille war auch schon aus frühen Beatlesklassikern, die er geschrieben hatte, herauszuhören, um nur „Penny Lane“, „Here There And Everywhere“ oder „The Fool On The Hill“ zu nennen.

Hier folgt ein Auszug aus dem Kapitel „Paul als Songkomponist“
Seine größte Befähigung als Komponist ist allerdings zweifellos seine Gabe, Melodien von außergewöhnlicher Güte und Ausstrahlung und schier unerschöpflicher, raumgreifender Geschmeidigkeit zu erfinden. Das reicht von nachpfeifbaren Gebrauchshymnen für die Massen bis zu kunstvoll geformten Edel-Melodien, die jedem Kunstlied zur Ehre gereichen würden. Schon sehr früh bewies er sein Ausnahmetalent als begnadeter Melodiker in Songs wie „All My Loving“ (1963) und „And I Love Her“ (1964), beide mit wunderbar ausgebildeten melodischen Linien ausgestattet, die Leichtigkeit und Schönheit verkörperten, wie es damals fast ohne Beispiel war. Diese Gabe, hinreißende melodische Einfälle, wenn auch nicht so einfach aus dem Ärmel schütteln zu können, so doch immer wieder aus seinem kreativen Reservoir schöpfen zu können, hat ihn eigentlich nie verlassen. Vor allem – doch nicht nur – zu Zeiten der Beatles verewigte er sich nachhaltig im Songbook der schönsten Pop-Melodien – man denke nur an die unglaublich fein gestalteten, weit ausgreifenden und wunderschön geformten Melodiebögen von Songs wie „Michelle“, „Here There And Everywhere“, „Fixing A Hole“, „I Will“, „Golden Slumbers“, „The Long And Winding Road“ u.a..

Doch auch zu Zeiten der Wings und in seiner Solo-Ära sind ihm immer wieder große Würfe in Sachen Melodiösität gelungen. Großartig ziselierte Melodien finden sich z.B. in Songs wie „My Love“ (1973), „Somedays“ (1997) und „Jenny Wren“ (2005). Und nicht zu vergessen das melodische Wunder „Waterfalls“ von 1980 aus dem Album McCartney II. Im tonalen Aufbau, dem Gleichmaß der Intervalle, in der ästhetischen Architektur der Melodielinie, der wohlgeformten Auf- und Abwärtsbewegung in Strophe und Refrain, im Ausschöpfen des Tonvorrats von nahezu eineinhalb Oktaven und in der unprätentiösen, kitschfreien Schönheit der gesamten kunstvollen Gestalt, zählt die gesungene Tongirlande des Songs „Waterfalls“ zu den perfektesten Melodien der Popmusik. Und für die üblichen Pop-Gesetze völlig untypisch, darf der melodische Fluss gegen Ende von „Waterfalls“ das vorgegebene Metrum verlassen und sich seinen eigenen mäandernden Rhythmus suchen.

Die Exzerpte aus den Kapiteln „Paul als Songkomponist“ und „He’s the greatest / And you better believe it baby” stammen aus dem “Lesebuch” meiner Multimediabox „Paul McCartney: Yesterday & Heute - eine Hommage in Songs, Worten und Texten“

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