Corona und kein Ende
Musik in Zeiten des Virus
Die grassierende Corona-Pandemie hat den Musikbetrieb zum Erliegen gebracht. Alle Konzerte und Festivals sind abgesagt, mit weitreichenden Folgen. Für Musiker wie für alle Kulturschaffende stehen harte Zeiten bevor. Existenzen sind bedroht. Manche reagieren paralysiert, andere mit Galgenhumor, viele aber auch mit kreativen Anstrengungen, um die Krise zu bewältigen. Die Corona-Krise als Herausforderung und das Virus als Metapher, hörbar gemacht in verschiedenen Songs zum Thema. Darum geht es in diesem Musik-Blog.
Früher gab es Pest und Cholera, heute grassiert die Corona-Pandemie und nicht minder schlimm: die Angst davor. Alle Konzerte wurden abgesagt, Festivals gecancelt, Tourneen verschoben auf irgendwann. Musiker, die von Live-Auftritten leben, geraten in große Schwierigkeiten wie fast die ganze Kreativwirtschaft und alle Dienstleister in deren Umfeld. Die Corona-Krise ist auch eine Krise für die Kulturschaffenden. Manche reagieren mit Appellen und Petitionen, manche mit Galgenhumor und manche versuchen, mit kreativen Mitteln gegenzusteuern, rücken zusammen, gründen Initiativen oder eine Internetplattform, wo Solisten und Bands Livekonzerte hochladen können, um das Publikum und die Anhänger überhaupt noch erreichen zu können. Schließlich muss es ja auf irgend eine Weise weiter gehen. Am besten, man versucht, mit dem Fiasko irgendwie umgehen zu lernen, getreu dem Motto von REM „It’s The End Of The World As We Know It, And I Feel Fine
„Es ist das Ende der Welt, wie wir sie kennen, und ich fühle mich gut“, sang Michael Stipe mit REM 1987. Damals ahnte man noch nichts von der Corona-Pandemie und konnte auch noch nichts von der ähnlichen SARS-Pandemie wissen, die 2002 ausgebrochen war. Damals, 1987, kannte man aber seit einigen Jahren die leidvolle Erfahrung, die das HI-Virus ausgelöst hatte. Viele HIV-infizierte Pop- und Rockmusiker starben damals an Aids. Im Songtext von REM scheint es auch um diese Erfahrung zu gehen. Zahlreiche Seuchen haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder die Hoffnung eingetrübt, der technologische und medizinische Fortschritt könne die Erreger, Bakterien und Viren endlich unschädlich machen. Tatsächlich scheint die Zivilisation mit ihrer Art zu wirtschaften aber immer wieder Brutherde zu erzeugen, in denen Erreger ihre teils dramatische Wirkung erst entfalten können. Die Schweinepest grassierte 2009 und ist schon seit 1833 als Infektionskrankheit bekannt. Die BSE-Rinderseuche, die als Rinderwahnsinn bekannt wurde und einer deutschsprachigen Metal-Band zu ihrem Namen verhalf, die BSE-Krankheit hatte 1992 ihre größte Verbreitung. 2004 gab es die Vogelgrippe, seit 2014 grassiert das Ebola-Fieber usw.. Erreger und Seuchen gab es schon immer in der Menschheitsgeschichte, um nur Pest, Pocken, Gelbfieber, Cholera und Typhus zu nennen. Seit die Menschheit sesshaft wurde, ist sie von Seuchen heimgesucht worden. Gelang es der medizinischen Forschung Medikamente, Therapien, Impfstoffe zu entwickeln, konnten diese Erreger in Schach gehalten und die Epidemien überwunden werden.
Das Problem mit dem hoch ansteckenden neuen Corona-Virus COVID-19 ist, dass es noch keine Medikamente oder Impfstoffe dagegen gibt. Die Diskrepanz, die sich in der aktuellen Corona-Krise zeigt, zwischen dem Knowhow einer hochtechnisierten Welt und ihrer Unfähigkeit, sich gegen ein gefährliches Virus wehren zu können, dass also ein kleines Naturphänomen wie das Coronavirus eine hoch industrialisierte Zivilisation fast lahmlegen kann, diese Diskrepanz findet sich im übertragenen Sinne im folgenden Song thematisiert.
Der schwedische Sänger und Songschreiber Jonathan Hulthén, Gitarrist der Darkmetal Band Tribulation hat gerade (am 13.03.2020) sein Soloalbum „Chants From Another Place“ veröffentlicht. Ganz anders als mit seiner Metalband Tribulation bietet er in seinem Soloalbum ruhige Stimmungen in melancholischen, dunklen Songs, die von ausgefeilten Chören und sphärischen Melodien leben. Im folgenden Song „Wasteland“ heißt es im Text:
„Irgendwann realisieren wir, dass die Zeit selbst uns nicht weise gemacht hat. Wir müssen lernen, wie es ist, in dunklen Nächten standzuhalten“.
Aus dem bemerkenswerten Solo-Debutalbum „Chants From Another Place“ des schwedischen Sängers, Gitarristen, Pianisten und Songschreibers Jonathan Hulthén war das der Song „Wasteland“, von ihm – wie das ganze Album – fast im Alleingang aufgenommen. Über seinen Song „Wasteland“ sagte er, man müsse durch das Ödland und die dunkle Nacht hindurchgehen, um die Chance zu haben, am Horizont den Lichtschein der Morgendämmerung sehen zu können.
In der aktuellen Corona-Krise ist noch lange kein Licht am Horizont zu sehen, aber zumindest ein Hoffnungsschimmer, denn irgendwann wird auch diese Viruskrise überwunden sein, nur: was alles wird dieses Virus bis dahin angerichtet haben?
Von einem manipulativen Virus, das den Geist und die Persönlichkeit eines Menschen befällt, handelt der folgende Song von Heather Nova „Virus Of The Mind“. Im Text erzählt sie von einer Talkshow, in der ein Gast sagte, „wenn Sie sich von anderen Leuten sagen lassen, was richtig und falsch ist, und wenn Sie Ihrem Instinkt und ihrer eigenen Wahrheit nicht mehr folgen, dann sind Sie vom Virus des Geistes befallen. Ich denke, das ist ein bißchen so, als würde man das eigene Augenlicht verlieren, wenn man plötzlich denkt, dass die anderen recht haben – und das nährt die Zweifel, die man in sich trägt. Und es kommt einem fast wie ein Verbrechen vor, wenn man seiner eigenen Überzeugung folgt. Ich bin eigentlich ziemlich glücklich und brauche deinen ‚Virus des Geistes’ nicht“, singt Heather Nova. Und in der letzten Strophe beschreibt sie, wie man sich selbst und seine innere Überzeugung und Gewissheit spürt. „Es ist in der Tiefe deiner Seele und auf deiner Zungenspitze. Es ist das Gefühl, das man bekommt, wenn man sich jung fühlt. Es steckt im Klang eines Beats und im Zentrum deines Rückgrats. Du spürst es jedes Mal durch dein Bauchgefühl. Aber die andern sagen dir, was du haben und wie du sein sollst, es steckt auch in den Bildern, der Werbung und den Zeitschriften. Es ist dieses Virus des Geistes.“ Ein Text mit Tiefgang. Dagegen klingt das musikalische Hauptthema, mit dem der Song beginnt, arg oberflächlich.
„Virus Of The Mind“ ist das Titelstück des Albums von Heather Nova aus dem Jahre 2001. Wenn der Geist von einem Virus befallen ist, dann kann das auch zu erheblichen Schäden führen. Die Kunde von der Ausbreitung des aktuellen Coronavirus hat sich weltweit deutlich schneller verbreitet als das Virus selbst und die Angst davor gleich mit. Sofort wurden Verschwörungstheorien und Fake-news in Umlauf gesetzt. Gierige Pharmafirmen hätten das Virus vorsätzlich in Umlauf gebracht, um mit längst entwickelten und patentierten Impfstoffen Milliarden zu verdienen. Oder: ein global agierender Bösewicht habe das Virus in einem Labor für biologische Kampfstoffe entwickelt und das Gegenmittel gleich mit, um die Weltgemeinschaft damit zu erpressen und die Weltherrschaft an sich zu reißen. oder: das Coronavirus sei die Folge von Mikrowellenstrahlungen der 5G-Funkmasten. Oder der Klassiker: das Virus sei die göttliche Strafe für die menschlichen Sünden. Und so weiter: „Virus of the mind“. Auch der gesunde Menschenverstand kann vom Virus befallen werden.
Dass auch die Liebe zu einem Menschen einem Virusbefall ähnlich sein kann, davon handelt unter anderem der Song „Virus“ aus dem Album „Biophilia“ von Björk. Zu dem Song hat Björk auch eine App als Videospiel produzieren lassen, in dem man spielerisch wie unter einem Mikroskop mit gesunden Zellen umgehen kann, die von Viren bedroht werden. In einem Interview sagte sie, ihr Song „Virus“ sei eine lovestory zwischen einer Zelle und einem Virus. Und das Virus würde die Zelle so obsessiv lieben, dass die Zelle zerstört würde. In ihrem Songtext beschreibt sie den Virusbefall einer obsessiven Liebe:
„Wie ein Virus einen Körper als Wirt braucht, wie ein Papiertaschentuch das Blut aufsaugt, wie ein Pilz auf einem Baumstamm sitzt, so werde ich dich eines Tages befallen, der Drang ist da, wie eine Flamme, die Sprengstoff sucht, so wie Schießpulver einen Krieg braucht. Du kannst nicht widerstehen. Ich schlemme in dir, mein Wirt bist du, mein süßer Gegner.“
Und der kristalline Charme des Virus, den der Text beschreibt, dieser kristallin glitzernde Charme ist auch zu hören.
„Virus“ ist ein Song über eine gefährliche symbiotische Verbindung eines Organismus mit einem Parasiten. Angeregt wurde Björk zu diesem Song durch eine eigene Infektionserfahrung. Sie hatte mit einer Candida-Pilzinfektion in den Schleimhäuten ihres Mundraums zu kämpfen, was sie beim Sprechen und Singen behinderte. Sie konnte die Beschwerden überwinden, musste aber erkennen, dass der Pilz in ihr permanent schlummere und dass sie mit dem Candida-Pilz leben müsse. So wie Herpesviren im Menschen schlummern. Wer sich einmal mit Herpes infiziert hat, wird das Virus nicht mehr los.
„There’s an evil virus that’s threatening mankind“. „Es gibt ein böses Virus, das die Menschheit bedroht. Es ist eine soziale Krankheit, eine Bedrohung für die Gesellschaft. Es ist die Vergewaltigung des Geistes, eine soziale Störung. Die Zyniker, die sich über die Unordnung des Lebens freuen und sie verhöhnen. Wenn alles Gute verwüstet ist, von all der Gier und all dem Hass. Versuche, dem zu entkommen. Sie zerstören ohne Gewissen und das genießen sie. Sie sind eine Krankheit, die uns alle erfasst. Und du weißt wer sie sind, und du weißt, dass dies die ganze Zeit passiert“, so heißt es im Song „Virus“ von Iron Maiden aus dem Album „Best of The Beast“ von 1996.
Iron Maiden mit ihrem Song „Virus“. Als die Band den Song 1996 aufnahm, konnte sie noch nicht ahnen, dass sie einmal unter einem Virus zu leiden haben würde. Das Corona-Virus hat ihre aktuelle Welttournee befallen. Die Konzerte von Iron Maiden im Mai in Australien werden abgesagt und ihre 5 Konzerte in Deutschland im Juni stehen auch auf der Kippe. Und wie Iron Maiden geht es Aberhunderten von Bands, Solisten, Künstlern. Weltweit wurden Konzerte, Aufführungen, Events abgesagt und/oder verschoben. Wann geht es weiter? Wer weiß es?. Elton John hat seine Tour abgesagt und empfiehlt seinen Fans in einer Videobotschaft, sie sollen in den nächsten Wochen unbedingt zuhause bleiben. Die Rock meets Classic-Tour wurde abgesagt genauso wie drei deutsche Metalfestivals und diverse Tourneen von Billy Eilish bis Miley Cirus, Simple Minds bis Sasha, und so weiter. James Blunt gab ein Geisterkonzert ohne Publikum in der Hamburger Elbphilharmonie. Auch die Tourneen von Carlos Santana und Celine Dion, auch der Eurovision Songcontest, Olympia 2020, alles wurde abgesagt und manche weitere Großevents werden in den nächsten Wochen noch folgen. Kahlschlag in der Kunstszene. Das gab es noch nie. Der Musikbetrieb ist auf Null gestellt. Ob in großen Hallen oder kleinen Clubs, alles wurde gecancelt. Kleinkunstbühnen, Musikhäuser, Theater, Musik-Kneipen, Diskotheken, Museen, Kulturzentren, Kinos, Ausstellungen, Lesungen usw., alles geschlossen von heute auf morgen für unbestimmte Zeit. Alle Örtlichkeiten, in denen Musiker auftreten könnten, mussten dicht machen. Alle Musiker, die von ihren Live-Auftritten leben und nebenher vielleicht noch in der örtlichen Musikschule Gitarrenunterricht geben, was ja nun auch eingestellt ist, im Grunde die ganze Kreativwirtschaft, freie Schauspieler, selbstständige Kulturschaffende bis hin zu freiberuflichen Musikpädagogen, Tontechnikern etc. und nicht zu vergessen, die freien Mitarbeiter, die hinter den Kulissen von Veranstaltungen wirken, sie alle sind plötzlich ihrer Lebensgrundlage beraubt. Kein Auftritt, kein Job, kein Geld. Und sehr viele Kreative leben ohnehin schon in finanziell prekären Verhältnissen. Viele Existenzen sind buchstäblich bedroht. Entsprechend wenden sich Musiker mit Appellen an die Öffentlichkeit und an ihr Publikum. Ein Beispiel: Ein Aufruf vom 18. März von einer Kölner Musikerinitiative. Zitat:
Liebe Freundinnen und Freunde,
es werden zur Zeit viele Petitionen verschickt, um dafür zu sorgen, dass diejenigen Unterstützung finden, die sehr unmittelbar vom Ende aller Veranstaltungstätigkeiten und zum großen Teil auch von der Einstellung ihrer Unterrichtstätigkeit betroffen sind: die freischaffenden Künstler und Musiker. Dies um so mehr, als wir häufig ohnehin ohne Rücklagen und ohne Plan B arbeiten. Konzerthonorare und Unterrichtseinnahmen sorgen für das tägliche Brot, Nebenerwerb sind vielleicht CD-Verkauf und GEMA-Tantiemen, aber irgendeine Sicherheit haben wenige von uns. Das wird in Kürze dazu führen, dass erste Mieten nicht mehr bezahlt und Proberäume aufgegeben werden müssen, Raten nicht mehr bezahlt werden können etc. Einen Überbrückungskredit bekommt man als Musiker von keiner Bank.
Daher unser Aufruf – und nicht nur in eigener Sache! – an Euch alle, mit der Bitte um Weiterleitung: Unterstützt die Musiker, die Euch am Herzen liegen, DIREKT. Vergesst Eure iTunes-Konten oder Eure Spotify-Listen, ignoriert die kostenlosen Streams bei Youtube etc. und kauft unsere Produkte BEI UNS. Fast jeder Künstler hat eine eigene Website und versucht, sein Zeug, das er selbst finanziert hat, direkt zu verkaufen; viele haben ein Konto bei der fairen Plattform bandcamp, bei der die Musiker immerhin 70% erhalten und nicht nur einen Arschtritt wie bei den oben genannten Portalen.
Wenn jede und jeder auch nur 5 oder 10 Euro ausgibt, ist das schon eine relevante Summe. Und dies ist kein Spendenaufruf: IHR BEKOMMT ETWAS DAFÜR.
Und wenn Ihr alles schon habt, verschenkt etwas!
Von der Musikerplattform kommt Ihr problemlos auf weitere Seiten, könnt stöbern und bitte auch andere Künstler unterstützen. Sonst gehen bei vielen demnächst die Lichter aus.
DANKE FÜR EUER VERSTÄNDNIS.“
Dieser Aufruf kommt aus Köln und stammt von der Gruppe Deep Schrott, dem einzigen Bass-Saxophon-Quartett des Universums, wie die Band sich selbst nennt. Und dann muss hier natürlich auch Musik von diesem eigenwilligen und höchst originellen Ensemble Deep Schrott zu hören sein. Ihre Kompositionen des aktuellen Albums „The Dark Side of Deep Schrott, Volume Three: Drones and Spirals“, veröffentlicht am 22. November 2019, stehen der Minimal Music nahe und verwandten Genres wie Drone Doom und Dark Ambient. Hier folgt ein Video von Deep Schrott aus dem Jahre 2012.
„The Long Goodbye“, so ist eines der intensivsten Minimalmusic-Stücke des einzigen Bass-Saxophon-Quartetts des Universums, Deep Schrott überschrieben, enthalten im beeindruckenden aktuellen Album „The Dark Side of Deep Schrott, Volume Three: Drones and Spirals“. „The Long Goodbye“, das könnte auch eine Überschrift der aktuellen Corona-Krise sein, die uns ja noch lange beschäftigen wird, wie die Experten sagen, aber doch irgendwann auch vorbei sein wird. Die Menschheitsgeschichte hat schon viele Seuchen erlebt und schließlich auch überstanden, wenn auch mit großen Verlusten. So schrieb z.B. Heinrich Heine 1832 aus seinem Pariser Exil in einem Artikel für die Augsburger Allgemeine Zeitung: Zitat
„Ich rede von der Cholera, die seitdem hier herrscht, und zwar unumschränkt, und die ohne Rücksicht auf Stand und Gesinnung tausendweise ihre Opfer niederwirft.“
"Nur ein Tor kann sich darin gefallen, der Cholera zu trotzen", schrieb Heinrich Heine in Paris, „es war eine Schreckenszeit, weit schauerlicher als die frühere, als die Hinrichtungen so rasch und geheimnisvoll stattfanden. Es war ein verlarvter Henker, der mit einer unsichtbaren Guillotine ambulant durch Paris zog. Die Cholera wirkte schrecklicher, als es die Revolutionswirren waren.“
Heinrich Heine berichtete: „’Wir werden einer nach dem anderen in den Sack gesteckt’, sagte seufzend mein Bedienter jeden Morgen, wenn er mir die Zahl der Toten oder das Verscheiden eines Bekannten meldete. Das Wort ,in den Sackstecken‘ war gar keine Redefigur; es fehlte bald an Särgen, und der größte Teil der Toten wurde in Säcken beerdigt."
Anthony Sanderson schrieb in der ZEIT 1973: „Heinrich Heines Bericht war eine Reportage, die für die Cholera-Pandemien in Europa überall gültig sein konnte: Gefährlicher noch als die Cholera waren in ihrem Gefolge Verhetzung, Gerüchte und Lügen. Nicht durch eine Krankheit, so hieß es plötzlich in Paris, sondern durch Gift stürben die Menschen. Auf allen Marktständen, bei Bäckern, Fleischern und Weinhändlern sei Gift in die Lebensmittel gestreut worden. Die meisten Leute glaubten es. Und als zwei Männer mit einem Beutel Pulver über die Straße gingen, wurden sie bestialisch getötet. Das Pulver, so stellte sich heraus, war irgendein Mittel, das als Schutz gegen die Cholera gedacht war.“
In ihrem Song „Protection“ singt die norwegische Songschreiberin Kari Bremnes: „Ich glaubte immer an meinen Schutz. Ich war immun gegen Angst und Gefahr. Ich dachte, dass man immer Schutz finden kann. Der einzige Beschützer in der Welt, den du hast, bist du selbst und dein eigener Wille“, so heißt es im Text. Gut wenn man diese Überzeugung hat und sicher sein kann, dass sie hilft: „I always trusted my protection“
„I always trusted my protection“. Wie kann man sich schützen vor dem Corona-Virus – neben den Hygienemaßnahmen, Abstand halten oder ganz zu Hause bleiben? Vielleicht hilft auch Humor? Jedenfalls grassiert neben der Pandemie auch der Galgenhumor und die sich ständig verbreitenden Corona-Witze. Beispiele gefällig?
„Grenzen, dicht, Regale leer, willkommen in der DDR“ – oder:
„Wie will sich der Paketzusteller jetzt noch rausreden, wenn nachweislich alle Kunden zuhause sind.“
Oder eine Bilderwitz-Karikatur: Auf dem Bild ist links eine Flasche des mexikanischen Kultbiers Corona Extra zu sehen und rechts daneben stehen mehrere Flaschen Heineken-Bier. Die Heineken-Flasche an vorderster Front trägt eine Schutzmaske.
Darf man über das Virus Witze machen? Die meisten sagen ja. Warum? Das Virus macht krank – Lachen ist gesund. Drum weitere Anregungen zum Lachen. In US-Late-Night-Shows gibt es zuhauf Witze über Donald Trumps Unwissenheit, was das Virus anbelangt. Noch vor kurzem hatte er ja behauptet, das Virus werde im April wieder ausgestorben sein, wenn die Temperaturen steigen. Im Bilderwitz sieht man Trump an einem riesigen Besprechungstisch sitzen. Hinter ihm das Wappen der Vereinigten Staaten. In der Sprechblase über seinem Kopf steht: „I know more about viruses than anybody!" Einer seiner Berater am anderen Ende des Tisches wirft ein: „This isn’t Syphilis, Sir!" – OK, einer geht noch:
Was haben das Coronavirus und die Nudeln gemeinsam? – „Die Chinesen haben’s erfunden, die Italiener verbreiten es auf der ganzen Welt." Nein der Witz ist politisch nicht korrekt, bedient Klischees und Vorurteile. Weg damit. Wie steht’s mit dem?
„Eine Frau in der U-Bahn zu einem stark hustenden Mann: ,Corona?‘ – ,Nein, Marlboro.‘"
Und noch ein allerletzter: „Was hamstern in der Corona-Krise die Italiener, die Franzosen und die Deutschen? – Die Italiener Rotwein, die Franzosen Kondome und die Deutschen ...? klar: Klopapier." Na gut. Die Pointe war erwartbar, aber jetzt könnte es richtig lustig werden, denn Deutschlands beliebtester Komiker Helge Schneider hat seiner Fangemeinde eine musikalische Botschaft per facebook zukommen lassen „Freizeit-Tipps gegen die Corona-Langeweile“. Doch auch schon zur Schweinegrippe hat er sich 2009 geäußert, als Schweinegrippen-General – im Gespräch mit Alexander Kluge: (Die Swine-Grippe, ein mutiertes Corona-Virus?)
Am Ende seiner aktuellen Videobotschaft zum Thema Corona via Facebook (hier leider nicht darstellbar) will Helge Schneider mit Schniefnase schnell wieder ins Bett. Wünschen wir allen Infizierten gute Besserung und schnelle Genesung – und wünschen wir uns allen, dass wir uns nicht anstecken lassen von dem schlimmsten Virus, der grassierenden Angst und Panikmache. Mancheiner begreift die Corona-Krise als Herausforderung, vieles künftig anders und besser zu machen. Vielleicht hilft die Pandemie, sich bewusst zu machen, was im Leben wirklich wichtig ist.
Um auf den schwedischen Sänger und Songschreiber Jonathan Hulthén und auf dessen hörenswertes Debütsoloalbum „Chants from another place“ nochmals zurückzukommen. Im Text seines Songs „The Call To Adventure“ heißt es:
„Abenteuer, du hältst die geheime Kunst bereit
Die Art von Schatz, die ich verehre
Ich fordere dich auf, mich weit weg zu bringen
Die Weiten überqueren und der Angst begegnen .
Dunkelheit, du hältst den Schlüssel, den ich brauche
Um dorthin zu gelangen, wo ich hin will
ich träume wieder von Wundern der Weiten
Auf dem Weg zur Freude, fern von all dem Wahnsinn.
Der Tod kommt irgendwann und packt dich an den Schultern
Und spricht in hartem Ton
Am Ende ist dein Weg und dein Leben dein eigener
Es sind jedoch schwierige Entscheidungen zu treffen
Einen Traum zu verwirklichen, egal was es braucht
Und es bis zum Ende durch zu ziehen.“
Und man höre auch auf die wunderbar ausdifferenzierten Chorharmonien. Bewegende und hoffnungsvolle Musik in Zeiten des Virus
„We all want to find
Peace and harmony
We're fighting ourselves and time
Get on with your life
Just love and let it be
We all need hope by our side
We're breaking on through
You and I are gonna change the world!
You and I are gonna change the world!“
„Change The World“ - Harem Scarem
Und sogar die Beatles haben eine Botschaft zur Corona-Krise:
Der Text dieses Blogs entstammt weitgehend dem Manuskript meiner Kramladensendung vom 19. März 2020.