Jazz-Gitarrist Michael Sagmeister und Fusion-Cellist Christopher Herrmann brillierten

So hat man Dylan-Songs tatsächlich noch nicht gehört: gesungen und rezitiert in deutscher Sprache und musikalisch in neue Räume geführt von den beiden Meister-Musikern des Abends, dem Jazz-Professor an der Frankfurter Musikhochschule Michael Sagmeister, der Dylans Folk-Blues-Harmonik mit virtuosen Gitarrensoli, komplexen Akkordmustern und raffinierten Fill-ins in differenzierte Jazz-Kompositionen verwandelte –

und neben ihm der Ausnahme-Cellist Christopher Herrmann, der die Dylan-Songs mal mit romantischem Klassik-Ton, mal mit weltmusikalischer Ornamentik, mal mit psychedelischen Sounds oder Filmmusik-ähnlichen Klangatmosphären veredelte. Und dass er auch in der Jazz-Improvisation geschult ist, bewies er in seinen oft furiosen Soli.

Ich (VR) hatte die Aufgabe, mit der Folkgitarre die Grundharmonik und Basis-Rhythmik zu liefern und die eigenen Textübertragungen an Dylans Original-Melodik anzugleichen und mit stimmlichem Ausdruck umzusetzen. Dabei galt es nicht nur Dylans literarische Songtexte stimmig ins Deutsche zu übertragen, sondern auch die Übersetzungen singbar zu machen, den Wortrhythmus und die Sprachmelodie zu treffen, die Silbenzahl der Original-Melodik anzupassen und möglichst auch Endreime wie im Originaltext zu finden. Dazu musste ich zum Teil auf eigene „Nachdichtungen“ ausweichen. Wichtige Anregungen für die Textübersetzungen konnte ich dem Buch „Bob Dylan Lyrics 1962 – 2001“ von Gisbert Haefs entnehmen.

Während ich als Akustikgitarrist und Sänger sehr nah an der Harmonik und Melodik der Originalsongs von Bob Dylan blieb, hatten die beiden Solisten alle Freiheiten, Dylans musikalisches Material auszudeuten und zu transzendieren – was sie auch in reichem Maße improvisatorisch taten. Ob abwechselnd solierend oder gemeinsam ineinander verschränkt improvisierend, ihre fantasievolle, ideenreiche Spielweise schien Dylans assoziative, wortmächtige Textsprache musikalisch fortzuführen und dabei noch neue Türen der Lyrik-Interpretation zu öffnen.
Zum Ende des Songs „Sicher vor dem Sturm“ („Shelter From The Storm“) wechselten sie plötzlich in ein Bach-inspiriertes Motiv, so als würde man Schutz suchen im sakralen Raum einer Bach’schen Fuge:
Im Dylan-Song „All Along The Watchtower“ („Oben auf dem Wachtturm“) lässt Michael Sagmeister in seinem Gitarrensolo ganz bewusst keinerlei Hendrix-Assoziationen aufkommen, sondern spielt atemberaubend rasende Bepop-Tonfolgen, die an Phrasen von Pat Martino und John Coltrane erinnern – und sitzt dabei lässig und super-cool ohne jegliches Posing auf seinem Stuhl, während er aberwitzige Tonsalven vom Watchtower abfeuert, sodass dem Zuhörer schwindlig werden kann.
Während Cellist Christopher Herrmann in seinem Watchtower-Solo ein ebensolches virtuoses Ton-Feuerwerk abbrennt, in dem er den Bogen von Hendrix über Free Jazz bis zu Neutönerklängen spannt.

Nach dieser Tour de Force kommen aber auch zur Entspannung balladeske Stimmungen zum Tragen, wenn Sagmeister zum Song „Komm Liebste komm“ („Lay Lady Lay“) lyrische Umspielungen einwirft und Herrmann mit seinem klassischen Cello-Ton romantische Klang-Atmosphären erzeugt. In seinem Intro zum Schluss-Song „Mr. Tambourin Man“ schichtet er mit Loop-Technik eine Klanglandschaft auf, die weite emotionale Räume spüren lässt – zum Heulen schön.
Und genau das haben Konzertbesucher später ausgedrückt, dass ihnen vor Ergriffenheit die Tränen in die Augen geschossen sind.
„Das Konzert war grandios“ (TP) / „Großartig. Sagmeister und Herrmann … ohne Worte. Ein Abend, der in Erinnerung bleiben wird.“ (LK) /
„Vielen Dank für diesen wunderbaren Abend! Es war wirklich ein bewegendes Ereignis! Fantastische Solisten und ‚Volker war noch nie so gut!‘ habe ich von einigen Leuten gehört“ (BK) / „Ein phantastisches Konzert. Beeindruckend die Aktualität und Zeitlosigkeit der Texte. Dieses Konzert schreit nach Wiederholung. Wir wären mit Freunden nochmals dabei“. (WS)
Keinen geringen Anteil am gelungenen Konzert hatte auch unser Tonmeister Niels Reckziegel, der nicht nur einen brillanten und transparenten Konzertsaal-Klang erzeugte, sondern mit gezielt eingesetzten Hall- und Echoeffekten die Textwirkung noch erhöhte.
Konzertausschnitte aus dem ersten Teil des Programms:
Mehr zum Konzertinhalt in der Konzertankündigung
„Die Herren der Kriege“ – Bob Dylan auf Deutsch - mit Michael Sagmeister (git), Christopher Herrmann (cello), Volker Rebell (voc, git)
PROGRAMM / Songablaufplan
- Die Zeiten werden sich ändern (The Times They Are A-Changing)
- Ein schwerer Regen wird niedergehen (A Hard Rain’s A Gonna Fall)
- Politische Welt (Political World)
- Die Herren der Kriege (Masters Of War)
- Sicher vor dem Sturm (Shelter From The Storm)
- Mit Gott auf unserer Seite (With God On Our Side)
- Mutter der Musen (Mother Of Muses)
- Als ich noch älter war (My Back Pages)
- Falscher Prophet (False Prophet)
- Irgendwem muss du dienen (Gotta Serve Somebody)
PAUSE
- Wie ein rollender Stein (Like A Rolling Stone)
- Ich werde befreit (I Shall Be Released)
- Talking Blues vom Dritten Weltkrieg (Talkin' World War III Blues)
- Ich stehe vor der Himmelstür (Knocking On Heaven’s Door)
- Oben auf dem Wachtturm (All Along The Watchtower)
- Keine Zeit zum Denken (No Time To Think)
- Komm Liebste komm (Lay Lady Lay)
- Die Glocken der Freiheit (Chimes Of Freedom)
Zugabe
- Verweht im Wind (Blowin‘ In The Wind)
- Tamburin Mann (Mr. Tambourin Man)
Dieses Programm spielen wir nochmals am Freitag, 19.09.2025 in Neustadt an der Orla, WOTUFA-Saal, 19:30 Uhr, als Beitrag zu einer Veranstaltungsreihe zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren. Das zweite Konzert in Thüringen findet am Samstag 20.09. im Hifi- und Rock-Museum in Marksuhl statt.
