9 Stunden nonstop nur Musik von Joni Mitchell in Radio-Rebell am 07.11.2023
Joni Mitchell, die seit 2010 mit teils schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, kehrte nach 20 Jahren Abwesenheit überraschend auf die Bühne zurück und trat am 24. Juli 2022 beim New Port Folk-Festival auf. Krankheitsbedingt hatte ihre Stimme natürlich gelitten, klang nun tiefer und weniger kraftvoll, sie konnte auch nur im Sitzen singen, aber das tat sie mit besonderem Ausdruck und berührender Intensität. Dass sie sich wieder zurückkämpfte, lag auch an ihren Freunden und Weggefährten, die Joni Mitchell gerade als es ihr gesundheitlich besonders schlecht ging, immer wieder besucht haben und bei ihr zuhause regelmäßig zu Jamsessions zusammenkamen, spontan Musik machten, so lange bis auch Joni Mitchell sich allmählich wieder beteiligen konnte. Aus diesen sogenannten „Joni Jams“ entstanden Hauskonzerte und schließlich der Wunsch, auch wieder öffentlich aufzutreten. Ihr bis dato letztes öffentliches Konzert fand am 1. März 2023 statt, als ihr der Gershwin Prize 2023 für Ihr Lebenswerk überreicht wurde. Natürlich sang Joni Mitchell George Gershwins berühmten Song „Summertime“
„Sie asphaltierten das Paradies und machten einen Parkplatz daraus“, – alleine wegen dieser Songzeile (aus „Big Yellow Taxi“ von 1970) hatte sie sich einen Ehrenplatz im Songbook der Popgeschichte gesichert. Sie schrieb die definitive Woodstock-Hymne, und - mit „Both Sides Now“ von 1967 - das meistinterpretierte Lied, das je von einer Folk-Sängerin komponiert wurde. Sie war es, die das Singersongwriter-Genre mit der Ausdrucksfreiheit des Jazz verband und sie war die erste Songautorin, die nicht nur gereimte Lyrik, sondern auch Prosatexte von literarischer Qualität wie selbstverständlich in eine populäre Liedform brachte. Mehrere Generationen von singenden Songschreiberinnen hat sie nachhaltig beeinflusst. Nicht nur Suzanne Vega, Tori Amos, Sarah McLachlan, Melissa Etheridge und sogar Madonna nennen sie als Vorbild. Auch in der jüngeren Generation berufen sich erstaunlich viele Sängerinnen und Songschreiberinnen auf Joni die Große, um nur Taylor Swift, Laura Marling oder Agnes Obel zu nennen. Joni Mitchell ist fraglos die wichtigste Singersongwriterin der populären Musik. Alle 21 Alben, die bis 2007 von ihr erschienen sind, ob im Folkidiom angesiedelt, Jazz-betont, Pop/Rock-orientiert oder orchestral angelegt, tragen ihre unverwechselbare Handschrift und gehören in der überwiegenden Zahl zu den Referenzwerken des Singersongschreiber-Genres.
Ihr 1980 veröffentlichtes Live-Doppelalbum „Shadows and Light“ dokumentiert einige ihrer damals originellsten Songs in bestechender Interpretation. An ihrer Seite standen im Konzert Pat Metheny, Lyle Mays, Jaco Pastorius, Don Alias und Michael Brecker
Im Jahr 2006 erklärte Joni Mitchell ihren Rückzug aus dem Musikbusiness. Sie wolle sich künftig nur noch ihrer Malerei widmen. Was danach kaum noch für möglich gehalten wurde, war dann doch noch geschehen: Joni Mitchell veröffentlichte im September 2007 ein weiteres, ihr bis dato letztes Studioalbum unter dem Titel „Shine". „Wenn ich in den Himmel komme und dort ist es nicht so schön wie hier, dann springe ich von meiner Wolke und komme sofort wieder zurück in dieses himmlische Paradies“, dies lässt Joni Mitchell ihren Nachbarn sagen im Text ihres Songs „This Place“, einem rhythmisch komplexen, aber in der musikalischen Ausstrahlung entspannten, fast heiteren Folksong mit countryesker Pedal Steel Guitar und elegischem Sopransaxophon. Joni Mitchell singt hier auf ihre unvergleichliche Art einen lyrischen Prosatext über ein schönes Fleckchen Erde, wo sie sich heimisch fühlt. Doch das kleine Naturparadies wird von den Geschäftemachern einer anrückenden Bergbaufirma gefährdet. Mit diesem Song scheint sich ein Kreis geschlossen zu haben, wenn man sich erinnert an die Zerstörung eines paradiesischen Biotops im Songtext „Big Yellow Taxi“ von 1970.
Auch in anderen Songs des Albums „Shine“ verbindet sie Poesie und Zeitkritik so überzeugend, wie es nur großen Künstlern gelingt. Dass dieses unerwartete Album überhaupt zustande kam, lag an einem kanadischen Ballett-Projekt, für das Joni Mitchell eigene Songs aus ihrem reichhaltigen Repertoire zusammenstellen sollte. Statt alte Songs auszuwählen, schrieb sie kurzerhand neue für das Ballett. Und weil sie nun schon mal dabei war, produzierte sie gleich Song-Material für ein ganzes Album. „Shine“ schien so etwas wie ihr musikalisches Testament zu bleiben. Doch seit dem 18. Juli 2023 liegt nun ein neues Album von ihr vor: der Konzertmitschnitt ihres Live-Comebacks „Joni Mitchell At Newport 2022“
Zeitgleich zum Album „Shine“ erschien ein Tribute-Album von Herbie Hancock: „River - The Joni Letters" - mit naturgemäß jazzigen Neuinterpretationen von großen Joni Mitchell-Songs, aufgenommen mit Gastsängern wie Leonard Cohen, Norah Jones, Tina Turner und: Joni Mitchell.
Nach ihrem letzten, großartigen Studio-Album „Shine“ schien Joni Mitchell mehr oder weniger verstummt zu sein. Neben Stimmproblemen hatte sie vor allem mit einer mysteriösen, bislang unheilbaren Hautkrankheit „Morgellons Syndrom“ zu kämpfen. In einem Interview mit der Los Angeles Times vom 22. April 2010 zeigte sich Joni Mitchell davon überzeugt, dass sie die Krankheit überwinden werde. Im Juni 2013 trat Joni Mitchel beim Luminato Festival in Toronto auf, allerdings nicht als Sängerin. Sie rezitierte ein von ihr neu geschriebenes Gedicht „This Rain“. Im Juli kündigte sie an, sie werde an einem neuen Ballett arbeiten. Doch zu allem bisherigen Unglück sollte 2015 auch noch ein Schlaganfall hinzukommen. Ein Hirn-Aneurysma wurde bei ihr festgestellt. „Es nahm mir meine Sprache und die Fähigkeit zu gehen“, sagte sie in einem Guardian-Interview. Doch sie kämpfte sich ins Leben wieder zurück und spielte 2022 beim Newport-Festival sogar auch wieder E-Gitarre.
Die Qualität ihrer Songtexte wird von vielen Kennern mit den Lyrics des Literaturnobelpreisträgers Bob Dylan verglichen, von manchen gar auf die gleiche Stufe gestellt. Der Schwerpunkt der Kramladen-Sendung zu ihrem 80. Geburtstag gilt deshalb auch ihrer Songdichtung – mit dem Versuch, ein paar ihrer wichtigsten Songtexte angemessen zu übersetzen.
Playlist
Artist / Track / Album / Label
1. L.Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records /
2. Joni Mitchell / Strong And Wrong / Shine / Universal
3. Joni Mitchell, Annie Lennox, Angélique Kidjo, Herbie Hancock, Diana Krall, Cyndi Lauper, Graham Nash, James Taylor / Big Yellow Taxi / Library of Congress Gershwin Prize
4. Scary Pockets, feat.Tal Wilkenfeld / Big Yellow Taxi / Big Yellow Taxi / Scary Pockets
5. Joni Mitchell / The Circle Game / Ladies Of The Canyon / Reprise Records
6. Joni Mitchell / The Circle Game / Travelogue / Nonesuch
7. Joni Mitchell / Urge For Going / You Turn Me On, I’m A Radio / Reprise Records
8. David Crosby & Graham Nash / Urge For Going / CSN Box Set / Rhino
9. Joni Mitchell / A Case Of You / Blue / Reprise Records
10. Joni Mitchell / The Tea Leaf Prophecy / Chalk Mark in a Rain Storm / Geffen Records
11. Joni Mitchell / The Three Great Stimulants / Dog Eat Dog / Geffen Records
Die Sendung „Joni Mitchell zum 80. Geburtstag“ läuft in ByteFM am 09.11.2023 um 23 Uhr und am 11.11.2023 um 14 Uhr. Am 06.11. und am Tag des Geburtstags von Joni Mitchell, dem 07.11. läuft die Sendung in Radio-Rebell jeweils um 22 Uhr.
Hier ist der Zusammenschnitt der Sendung „Joni Mitchell zum 80. Geburtstag“ als Podcast zu hören:
Radio-Rebell-Archiv:
07.11.2013 – Sendung zum 70. Geburtstag von Joni Mitchell
Playlist
Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Joni Mitchell feat. Peter Gabriel / My Secret Place / Chalk Mark In A Rainstorm / Reprise Records
3. Joni Mitchell / The Beat Of Black Wings / Chalk Mark In A Rainstorm / Reprise Records
4. Janet Jackson / The Beat Of Black Wings / Joni Mitchell Tribute Compilation (1999) / Reprise Records
5. Janet Jackson / Got ‘Til It’s Gone / The Velvet Rope / Virgin
6. Montage: Janet Jackson, Joni Mitchell, Counting Crowes / Big Yellow Taxi / diverse / diverse
7. Joni Mitchell / Both Sides Now / Clouds (1969), Both Sides Now (2000) / Reprise
8. Joni Mitchell / Love Puts On A New Face / Taming The Tiger / Reprise
9. Joni Mitchell / Shine / Shine / Hearmusic, Universal
10. Joni Mitchell / If / Shine / Hearmusic, Universal
11. Herbie Hancock, feat. Norah Jones, Tina Turner, Leonard Cohen, Joni Mitchell / Montage diverser Songausschnitte / River – The Joni Letters / Verve, Universal
Hier ist der Zusammenschnitt der Sendung „Joni Mitchell zum 70. Geburtstag“ als Podcast zu hören:
Sonder-Programm in Radio-Rebell am 07.11.2023, Joni Mitchells 80. Geburtstag
9 Stunden nonstop nur Musik von Joni Mitchell:
15-16 Uhr: RR Spezial Joni Mitchell „Ladies of the Canyon“ – das komplette Album von 1970, plus Coverversionen
16-17 Uhr: RR Spezial Joni Mitchell – Comeback Concert 2022, Newport Folkfestival
17-18 Uhr: RR Spezial Joni Mitchell – All Star Tribute Lifetime Award Concert 2000, New York
18-19 Uhr: RR Spezial Joni Mitchell – live 1983 Den Haag „Refuge World Tour“
19-20 Uhr: RR Spezial Joni Mitchell + James Taylor – live 1970
20-21Uhr: RR Spezial Joni Mitchell – live 1983 Wembley Arena, London
21-22 Uhr: RR Spezial Joni Mitchell – live 1979 „Shadows and Light“
22-23 Uhr: RR-Archiv Joni Mitchell – Kramladen zum 70. Geburtstag (Sendung vom 07.11.2013)
23-24 Uhr: RR Joni Mitchell – Kramladen zum 80. Geburtstag