Die hessische Kultband Nr. 1 rockte „Parkside im Hof 2021“
Sa 21.08.2021, 19 Uhr: Open Air-Festival „Parkside im Hof 2021“
63065 Offenbach, Friedhofstraße 59
Die Rebell(i)sche Studiobühne präsentierte:
Rodgau Monotones – „Lebbe geht weider un Live geht widder“
„Ei gude wie“, will man Monotonie? - Nie im Leben. Natürlich nicht, bekam man auch nicht am letzten Samstag, sondern ganz im Gegenteil. Eigentlich müssten sie ja zutreffend Rodgau Polytones heißen. Denn was die hessische Kultband Nr. 1 an diesem Abend musikalisch präsentierte, war varianten- und abwechslungsreich, stilistisch vielgestaltig und inhaltlich mannigfaltig, so wie ein Füllhorn, aus dem sich die reiche Klangpalette der Popmusik ergießt: hessische Seemannslieder, Songparodien, Hardrock mit Schlagerfüllung, Rock-Themen der unterschiedlichsten Härte und Gangart, sogar eine Herz/Schmerz-Ballade mit sensiblem Text und differenzierter Musik, plus Querflötensolo
Was hat man dieser tollen Band nicht alles zu verdanken, etwa dass die Monotones es waren, die das – rockmusikalisch betrachtet – lange Jahre eher provinzielle Hessen auf die Landkarte der deutschen Rockmusik gebracht haben mit ihrer inoffiziellen Hessenhymne, die auch Nicht-Hessen kennen und lieben. Und die auch an diesem Abend wieder abgefeiert wurde. Sie waren es, die das Hessische Gebabbel in der deutschen Songlyrik salonfähig gemacht haben mit genialen Zeilen wie „Halldemaldeballflach du Hannebambel“ u.ä.
Und Ihnen hat die Welt solch geniale Literaturpreis-verdächtige Liedzeilen zu verdanken wie „Wir brauchen keinen Club Mediterranée. Wir ham doch unsern guten alten DLRG“, aus „St. Tropez am Baggersee“, was natürlich auch an diesem Abend zu hören war. Genauso wie der Song, dessen Refrainzeile „Fraach misch net, wie’s mer geht“ längst in den allgemeinen hessischen Sprachgebrauch übergegangen ist, wie auch der Spruch: „Ich ess sogar in Sonderfällen eine Pizza mit Sardellen. Alles wegen dir.“ Und nicht zu vergessen: „Wer steht immer neben mir - Mein Freund Harvey“
2018 traten die Monotones zum letzten Mal in Offenbach auf. damals feierten sie ihr „verrzischstes“ Jubiläum in der ausverkauften Stadthalle mit vielen illustren Gästen. beim zweiten Offenbacher Open Air-Festival „Parkside im Hof“ feierten sie am letzten Samstag ihre Rückkehr aus dem monatelangen Lockdown. Ein „hysterisches Fest“ wie vor 3 Jahren in der Stadthalle war es wohl nicht, die Corona-Einschränkungen und Lautstärkevorgaben als Resultat eines Lärmgutachtens, das die Anwohner vor allzu großer Phonstärke schützen sollte, sorgten zwangsläufig für eine reduzierte Ausgelassenheit. Wenn auch mit etwas angezogener Handbremse kam der Monotones-Motor niemals ins Stottern.
Sie gaben Voll Stoff und die bekannten Liedzeilen aus „Volle Lotte“ wurden vom Publikum lautstark und begeistert mitgesungen: „Wir brauchen mal ne Pause von der Coolness und der ewigen Besonnenheit. Ist allerhöchste Zeit.“
Natürlich hatten die Rodgau Monotones auch Lieder aus ihren jüngsten Alben im Programm, wie „Hundert Fässer grüne Sauce“, „E bissi was geht immer“, „Wenn’s abgeht, dann geht’s ab“, „Das macht uns keiner nach“ u.a., aber vor allem wurde – zur großen Freude der textsicheren Fans – die Setlist dominiert von den unverwüstlichen Song-Klassikern für die Ewigkeit, längst dokumentiert im hessischen Songbook der Evergreens mit Grins-Effekt, die man dieser Band zu verdanken hat. Motto: „Mama Lauda. Ein Leben für Lärm!“
Was war denn das für’n wüster Krach, aus der Friedhofstraß in Offebach am Samstagabend beim Open Air-Festival „Parkside im Hof 2021“?.
Dieser „wüste Krach“ ist exzellente Musik mit Hirn, Herz, Humor, dicker Hose und hessischer Coolness, mit witzigen, clever formulierten Texten, alles aus eigener Schreibe und von inhaltlichem Niveau, das mit dem etablierten Spitzenpersonal der deutschen Rockszene locker mithalten kann, gespielt von hervorragenden Instrumentalisten plus einem stimmgewaltigen Sänger mit „big voice“ und Rock-Röhre der alten Schule und einer wandlungsfähigen, phrasierungsreichen und ausdrucksstarken Power-Sängerin der etwas jüngeren Generation. Das alles zusammen ist das Beste, was Hessen an rockmusikalischem Qualitäts-Entertainment zu bieten hat.
Die Band:
Ali Neander – Gitarrist der Superklasse und musikalischer Kopf
Kerstin Pfau – Sängerin
Peter „Osti“ Osterwold – Sänger
Joky Becker – Bassist und Bandwerkstatt
Raimund Salg – Gitarrist
Martin „Dog“ Kessler – Schlagzeuger
Matthias „Mattl“ Dörsam – Saxophonist
Die Band wurde an diesem Abend klanglich in Szene gesetzt und in Balance gehalten von den Tonexperten Achim Schnall, dem etatmäßigen Monotones-Mischpultmann und den Tonmeistern des Festivals Niels Reckziegel und Sebastian Müller. Die hatten das alles klanglich und lautstärkemäßig im Griff.
Alle gemeinsam sorgten für den schönsten Lärm, den’s gibt: pop-rockend, partytauglich, prächtig, packend, pegeisternd, phantastisch – und alles andere als monoton, weshalb diese famose Band eigentlich wie gesagt richtig heißen müsste: siehe oben.
Eine Überraschung gab es noch im Songprogramm der Monotones.
Weil einer ihrer großen Helden, der ZZ Top-Bassist Dusty Hill am 28. Juli 2021 im Alter von 72 Jahren gestorben ist, spielten die Monotones zu Ehren von Dusty Hill zwei Songs jener Southern Bluesrock-Band, von der die Monotones in ihren Anfangstagen so viel gelernt hatten: ZZ Top.
Und auch AC/DC mussten natürlich noch gewürdigt werden
Aus Rücksicht auf die Anwohner in der Nachbarschaft hatte das Ordnungsamt der Stadt Offenbach Lautstärke-Grenzwerte vorgegeben, an die sich die Rodgau Monotones natürlich gehalten haben, schließlich stammen von ihnen die Liedzeilen: „Mein Ohrenarzt hat sich ein Haus gebaut. Es ist zu laut! ... Ich geh nie mehr zu Uriah Heep. Denn danach machen meine Öhrchen immer piep. ... Ich geh nie mehr zu den Rodgaus, den Scheißdreck hältste ja im Kopf net aus. Es ist zu laut, einfach zu laut.“
Von wegen „Scheißdreck“. Es war ein grandioses Konzert der Monotones und das Publikum feierte den genialen „Scheißdreck“ frenetisch.
Wer’s verpasst hat. Dies sind die nächsten Konzerte der Rodgau Monotones:
10.09.21 Frankfurt, Batschkapp, Sommergarten
11.09.21 Hanau, Amphitheater
24.09.21 Michelstadt, Spielplatz der Kulturen
Dieser Konzertbericht endet, wie er begann, mit einem weiteren Textzitat aus dem Song „Ei gude wie“:
„Du, ich muss jetzt gehn, war schön dich zu sehn, wir telefonieren ...“