Der Beatles-Schlagzeuger ist auch im fortgeschrittenen Alter aktiv und kreativ – sowohl im Platten-Studio als auch auf der Bühne
Vor 60 Jahre hörte man ihn Hilfe rufen, als er durch eine Falltür in einen Käfig rutschte, direkt vor einen ausgewachsenen Tiger. In dieser Szene aus dem zweiten Beatles-Film „HELP!“ riet man dem Bedrohten, die Ode an die Freude aus Beethovens 9. Symphonie zu singen, um den Tiger zu beruhigen, was auch gelang. In seinem jüngsten Album „Look Up“ singt Ringo nicht nur eine Ode auf die Liebe und die Countrymusik – und auch diese Oden wirken sehr beruhigend, speziell in diesen Zeiten, in denen allenthalben eine Art Raubtier-Mentalität um sich greift.

Mit Cowboyhut präsentiert sich Ringo auf dem Cover seines Country-Albums „Look Up“. Und das steht ihm durchaus. Mit Country ist er vertraut. Schließlich sang er vor 60 Jahren im „HELP!“-Album „Act Naturally“, jenen Countrysong, den Country-Star Buck Owens 1963 berühmt gemacht hatte. Ringos allererste Eigenkomposition „Don’t Pass Me By“, veröffentlicht im Weißen Album der Beatles war ein Midtempo-Country-Rocksong. Und im Herbst 1970 veröffentlichte er mit seinem zweiten Soloalbum „Beaucoups of Blues“ ein reines Country-Album, das er in Nashville mit lokalen Country-Größen aufgenommen hatte. Ihm also zu unterstellen, er würde nur auf der aktuellen Country-Welle reiten, die von Beyoncés Country-Album „Cowboy Carter“ angestoßen wurde, ist unlauter. Zu alten Countrysongs hatte er schon Mitte der 50er Jahre auf selbst gebastelten Schlagzeugstöcken getrommelt, als Liverpool vom Skiffle-Boom erfasst wurde.
Seine ersten und entscheidenden Trommelerfahrungen machte der an Tuberkulose erkrankte 13-jährige Ringo im Merseyside-Fazakerley-Sanatorium. Zwei lange Jahre musste er dort verbringen. Eines Tages kam ein Musiklehrer mit Tamburinen, Triangeln und kleinen Trommeln vorbei, damit die gelangweilten, bettlägerigen Kinder spielen konnten. „Das war für mich die Erlösung“, erzählte Ringo in einem Interview. „Ich schlug auf die Trommel und wollte von diesem Moment an nur noch Schlagzeuger werden, das war mein Ziel.“

Je älter Ringo wird, umso besser wird sein Schlagzeugspiel, beziehungsweise um so besser wird sein unverwechselbarer Stil beurteilt. Namhafte Schlagzeug-Kollegen wie der langjährige Drummer in Bruce Springsteens E-Street Band, Max Weinberg, lobte Ringos kreative Art mit Hi-Hat und Tom Toms umzugehen in den höchsten Tönen. Die ehemalige Prince-Schlagzeugerin und Perkussionistin Sheila E, die sich an Tourneen von Ringos All-Starr-Band beteiligte, sprach von seinem „melodischen Stil“ und davon, dass seine vermeintliche Einfachheit höchst kompliziert sei. Seine typischen Drum-Fills setze er in einem Song immer dort ein, wo sie Sinn machen und der Songwirkung dienlich sind. Der texanische Musiker und Produzent T Bone Burnett, der Ringos jüngstes Album „Look Up“ produziert und den Großteil der Albumsongs geschrieben hat, sagte, es gäbe keinen Schlagzeuger, der auch nur annähernd so gut Shuffle spielen könne wie Ringo. Und sein alter Beatles-Kumpel Paul McCartney pflichtet bei: „Auch wenn ich mit anderen Schlagzeugern gespielt habe, er ist der Beste“, sagte McCartney in einem Interview mit der New York Times. „Ringo hat ein gewisses Gespür, das für andere Schlagzeuger sehr schwer zu erreichen ist. Er ist Ringo. Und niemand sonst ist das.“
Auch mit 85 steht Ringo auf der Bühne. Nach zehn Konzerten im Juni wird die USA-Tour mit seiner All-Starr-Band im September fortgesetzt, beginnt in Chicago und endet in Las Vegas.
Neben Songs aus seinem jüngsten Album „Look Up“, das in den US-Country-Charts Platz 1 belegte und in Deutschland auf Rang 14 kam – die höchste Notierung eines Ringo-Soloalbums hierzulande – werden in dieser Sendung vor allem Songs aus seinen letzten, teils hoch interessanten EPs zu hören sein, die zwischen 2021 und 2024 veröffentlicht wurden, aber auch der Titel-Song seines 14. Solo-Studioalbums von 2005 „Choose Love“, in dem er wieder selige Beatles-Zeiten heraufbeschwört – mit Songzeilen wie diesen: „The long and winding road is more than a song / Tomorrow never knows what goes on / Love ist the answer“.

Die Playlist zu Sendung „Love & Peace“ – Ringo, zum 85. Geburtstag
Artist / Track / Album / Label
1. L.Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records /
2. Ringo Starr / Let's Change The World / Change The World / Universal
3. Ringo Starr / February Sky / Crooked Boy / Universal
4. Ringo Starr / Look Up / Look Up / Universal
5. Ringo Starr / Rosetta / Look Up / Universal
7. Ringo Starr / Thankful / Look Up / Universal
8. The Beatles / Act Naturally / HELP! / Apple, EMI
9. Ringo Starr / Silent Homecoming / Beaucoups Of Blues / Apple
10. The Beatles / diverse Songs (Ringos drumming) / diverse / diverse
11. Ringo Starr / Free Your Soul / EP3 / Universal
12. Ringo Starr / Choose Love / Choose Love / Koch, CNR

Die Sendung „Love & Peace“ – Ringo, zum 85. Geburtstag wird über DAB+ und UKW von Antenne Mainz ausgestrahlt: am Do 10.07. um 23 Uhr und am So 13.07.25 um 22 Uhr - und läuft in Radio-Rebell vom 10. bis 13.07.25, jeweils um 22 Uhr
Der Zusammenschnitt der Sendung „Love & Peace“ – Ringo, zum 85. Geburtstag ist als Podcast hier zu hören:
Wunderbarer Beitrag! Danke dafür, Volker.