Erstsendung: 23.05.2013
Wagner goes Pop
Playlist
Artist Track Album Label
1. L. Shankar Darlene (Kramladen-Themamusik) Touch Me There Zappa Records
2. Ben Lierhouse Project The Ride (feat. Walküre) Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
3. Ben Lierhouse Project Really, It’s Wagner (feat. Götterdämmerung) Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
4. Ben Lierhouse Project Flying Over The Sea (feat. Der fliegende Holländer) Welcome To Cuba: Parsifal Goes La Habana Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
4. Ben Lierhouse Project Andalusian Fire (feat. Rienzi) Welcome To Spain: Siegried’s Olé In Espana Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
6. Ben Lierhouse Project Gypsy Wedding (feat. Lohengrin) Welcome To Spain: Siegried’s Olé In Espana Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
7. Eric Schaefer Walküre Who Is Afraid Of Richard W. ACT 9543-2
8. Kaminski On Air The Making Of / Siegfrieds Freiheitslied Siegfried – Dreidimensionales Hörspiel nach Richard Wagner Jumbo Verlag, Vertrieb dtv
9. Kaminski On Air Siegfrieds Tod Der Ring des Nibelungen – Dreidimensionales Hörspiel nach Richard Wagner Jumbo Verlag, Vertrieb dtv
10. Eric Schaefer Lohengrin II (Akt II, Vorspiel) Who Is Afraid Of Richard W. ACT 9543-2
11. Ben Lierhouse Project Steeped In Starlight (feat. Tristan und Isolde) Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
12. Ben Lierhouse Project Men Of Steel (feat. Siegfried) Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
13. Ben Lierhouse Project Carmen’s Hope (feat. Tannhäuser) Welcome To Spain: Siegried’s Olé In Espana Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
14. Ben Lierhouse Project Grief About What? (feat. Parsifal)
(Hintergrundmusik) Welcome To Cuba: Parsifal Goes La Habana Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
Wagner goes Pop
Richard Wagner, geboren am 22. Mai 1813, wird derzeit – im Wagner-Jahr – allenthalben gefeiert, so auch im Kramladen. Wie kann man dem Musikgenius, Schöpfer germanisch-heroischer Tondichtungen, überzeugten Antisemiten und Lieblingskomponisten Adolf Hitlers zu seinem 200. Geburtstag angemessen gratulieren? Vielleicht am besten mit Musik von Kapielski, Kaminski, Schaefer und Lierhouse.
Eins nach dem anderen: Der Ringkompressor von Thomas Kapielski geht so: Wagners Ring, bestehend aus „2,5 Stunden Rheingold, 4 Stunden Walküre, 4 Stunden Siegfried und 4,5 Stunden Götterdämmerung, zusammen 15 Stunden, wird auf höre und staune 0,23 Sekunden komprimiert und damit erstmals übersichtlich gemacht. Der extrem komprimierte Ring kann auch wieder dekomprimiert werden – auf volle Länge, aber die wollte Kapielski seinen Hörern dann doch nicht zumuten.“ So heißt es im Klappentext des Hörbuchs „Ringkompressor“. Die Dekomprimierung die Herr Kapielski in seinem Hörbuch kurz anspielt, ist denn auch eine akustische Zumutung, um nicht zu sagen Tortur, denn man hört nichts als einen bösen Pfeifton, mit der entschuldigenden Erklärung des Autors, bei der Dekomprimierung von Wagners Ring müssten offenbar doch einige Informationen verloren gegangen sein.
Stefan Kaminski ist Schauspieler am deutschen Theater Berlin, aber auch Musiker, Klangkünstler und Hörspielmacher. Mit seiner vierköpfigen Band dreht er Wagner durch die Mangel. Seine Version des „Ring des Nibelungen“ gehört zum Aufregendsten was die deutsche Musiktheater-Szene derzeit zu bieten hat. „Ich kenne keinen besseren Einstieg in Wagners Welt, als Kaminski live zu erleben. Bei ihm wird der Opernkrimi zu dem, was Wagner zu seiner Zeit schon wollte: zu purem Rock’n’Roll“, so heißt es bei opernhaus.blog.de.
Der Jazzmusiker Eric Schaefer fragt in seiner neuesten Produktion: „Wer hat Angst vor Richard W.?“. Schaefer jedenfalls verknüpft Wagner völlig angstfrei mit multikulturellem Jazz, Progrock, Ambient, Dub und Clubsounds und liefert so eine spannende Melange mehr für die Fans der Villa Kunterbunt als der Villa Wahnfried.
Ben Lierhaus sorgt für diese Überschriften: Bayreuth goes Harlem & Havanna, Richard Wagner on the Rocks. Popfans, die mit Wagner-Klassik nicht viel am Hut haben, werden den Hut ziehen, wenn sie hören, wie der Deutsch-Amerikaner Ben Lierhouse mit hochkarätigen Musikern aus New York, Kuba und Spanien klassische Wagner-Themen aus den Opern Lohengrin, Parsifal, Tannhäuser usw. auf inspirierte Weise mit Gospel, Soul, Jazz, Salsa, Flamenco und Pop verbunden hat. Wagners „Götterdämmerung“ als HipHop gerapt, Wahnsinn! „Siegfried“ tanzt Flamenco, großartig! „Der fliegende Holländer“ segelt nach Kuba, unglaublich!
Und hier noch zwei Zitate zu Eric Schaefer und Stefan Kaminski:
Im Pressematerial zum neuen Album „Who is afraid of Richard W.?“ von Eric Schaefer heißt es:
„Eric Schaefer gehört laut ZEIT zu einem “der heimlichen Zentralgestirne in der […] deutschen Jazzszene”. Mit “Who is afraid of Richard W.?” nimmt er sich den umstrittensten und monumentalsten aller Opernkomponisten vor. Der Schlagzeuger holt Wagner direkt in die Gegenwart, vom Bayreuther Hügel rein in den Club. Denn der Dub-Step-, HipHop- und Elektronik-Liebhaber Schaefer stellt die Opernthemen des Gesamtkunstwerk-Romantikers in einen groovenden Kontext. Schon im einleitenden “Prelude” wabert die Orgel, malt ein Synthesizer Sphärenklänge, thront eine helle, hallige West-Coast-Jazz Trompete über dem Geschehen. Munter im Psychedelic-Sound der Seventies geht es auch beim “Lohengrin-Vorspiel” zu, dem Schaefer selbst mit langsam rollendem, federnden Schlagzeug den Takt vorgibt. Die Walküren wiederum reiten wie später auch “Nietzsche In Disguise” im heavy Dub-Groove heran und auch Siegfried rüstet sich mit Reggae zum Kampf. “Isoldes Liebestod” und auch Tristans Trauer werden zu chilligen, perkussiv durchgerüttelten Balladen. Wenn Schaefer konstatiert: “All das ergab für mich eine reizvolle Mischung”, dann ist das eine mächtige Untertreibung. Selten klang Klassisches so frisch, nie hat einer zugleich den Monumentalismus und die zartesten Regungen in Wagners Werk so spannend wie lässig bewältigt – dank des überzeugenden Konzepts, das den alten Meister mit Infusionen vom Progrock und New Wave bis zu Ambient und Dub neu belebt: Willkommen im Club, Herr Wagner!“
Die Frankfurter Oper, in der Kaminskis „Ring des Nibelungen“ derzeit gespielt wird, schreibt über die Aufführung unter der Überschrift:
„Wal-Hall! Richard Wagners Ring als dreidimensionales Hörspiel-Theater
Wagners »Gesamtkunstwerk« – die monumentale, ergreifende und bodenlos tiefe Geschichte vom Ring des Nibelungen wird von Stefan Kaminski in seinem Hörspiel-Theater-Format Kaminski ON AIR atemlos, destilliert und völlig neuartig erzählt – eine bizarre Wanderung entlang an Wagners Libretto.
Mit dem Raub des Rheingoldes wird ausnahmslos alles entfesselt, was die Welt bis zum heutigen Tag in Atem hält: unbändige Gier, grenzenlose Liebe, abgründiger Hass, zehrender Neid, drängender Kampf um persönliche Freiheit. Antipoden krachen aufeinander: Menschen – Götter, Zwerge – Riesen, sphärische Wesen – grollende Naturgewalten. Ein Stoff wie geschaffen für Kaminski ON AIR. Voller Aberwitz, Komik, Slapstick aber auch mit tiefer Tragik in zarten Momenten knapp und herrlichem Pathos führt dieser Vierteiler ungebremst in die Apokalypse. Das macht Spaß, denn der Ring ist wie das Leben! Begleitet wird Kaminski von einer vierköpfigen Band.“
Oper Frankfurt am Main, Bockenheimer Depot, Aufführungen am 25., 26. und 31.05. und am 03.06.13. Aufführungen im Juli in der Neuköllner Oper Berlin und im August in Bayreuth/Europasaal.