The Beatles and India – eine neue, indische Perspektive
Erstsendung: 03.02.2022
Die Beatles waren es, die den Pilgerzug der Hippies und Teilzeitaussteiger nach Indien auslösten. Als das Quartett im Februar 1968 nach Indien aufbrach, um der Beatles-Hybris zu entkommen und im Ashram des Gurus Maharishi Mahesh Yogi in Rishikesh die Transzendentale Meditation zu erlernen, in der Hoffnung, Seelenfrieden und einen neuen Lebenssinn zu finden, interessierte sich plötzlich die halbe Popwelt für indische Philosophie und Musik. Zuvor hatte schon jeder zweite Amateurgitarrist im Westen mit dem Gedanken gespielt, sich eine Sitar zu kaufen – nur weil George Harrison im Lennon-Song „Norwegian Wood“ 1965 den Sound der Sitar in die Popmusik eingeführt hatte und im „Sgt. Pepper“-Album (1967) seinen Song „Within You Without You“ ausschließlich mit der Sitar und anderen indischen Instrumenten arrangierte.
Als die Fotos aus Rishikesh um die Welt gingen, auf denen man bärtige, freundlich dreinschauende Beatles und ihre Frauen in weißen, luftigen Gewändern unter schattigen Bäumen flanieren und – mit Blumenketten geschmückt – an der Seite des Hippie-Heilands Maharishi meditieren sah, schien sich der Mittelpunkt der Popwelt für ein paar Wochen nach Indien verlagert zu haben. Danach war Rishikesh im Besonderen und Indien im Allgemeinen ein Sehnsuchtsort, der vor allem in den siebziger Jahren Tausende von Popjüngern auf der Suche nach Erleuchtung wie magisch anzog.
Nun wird dieses Phänomen aus indischer Sicht neu interpretiert. Der Buchautor Ajoy Bose aus Delhi löste mit seiner Publikation „Across The Universe“ eine Filmdokumentation, ein Songalbum und eine Ausstellung zum Thema Beatles aus der indischen Perspektive aus. Unter der Überschrift „The Beatles and India“ ist zumindest das Album nun auch in Deutschland erschienen. Der Dokumentarfilm und die Ausstellung sollen bald auch hierzulande zu sehen sein – daran arbeitet die Expertin für indische Musik und Kultur Sigrid Pfeffer, die in dieser Sendung ausführlich zu Wort kommt.
Als die Beatles aus Indien zurückkehrten, brachten sie rund 40 neue Songs bzw. Songskizzen mit nach Hause. Ein Großteil davon wurde für das „White Album“ ausgearbeitet.
Und wie war es mit der Erleuchtung und dem Seelenfrieden? In John Lennons „Happy Rishikesh Song“, der mangels musikalischer Qualität zu recht nur in der Demofassung innerhalb der Box „Lennon Anthology“ veröffentlicht wurde, heißt es im Text: „Alles was du tun musst, ist, dieses kleine Wort zu sagen, ich weiß es klingt absurd, aber es ist wahr. Da ist Magie im Mantra, es gibt dir alle Antworten“. Doch in der Mitte des Songs kippt der Happy Rishikesh-Song in düsteres Moll. Plötzlich singt Lennon: „I feel so suicidal, something is wrong“. In der Versenkung falsch gelaufener Meditationsversuche war er mit seinen eigenen seelischen Dämonen konfrontiert worden.
Die überwiegend jungen indischen Musiker und Musikerinnen, die im Album „The Beatles and India“ viele der in Rishikesh entstandenen Beatles-Songs im Klanggewand der indischen Pop-Musiktradition neu interpretieren, geben den über 50 Jahre alten Beatles-Originalsongs eine neue Deutung aus der indischen Perspektive. In den Neufassungen von Anoushka Shankar, Karsh Kale, Kiss Nuka u.a. kann man Faszinierendes heraushören: spirituelle Reinheit, klangliches Raffinement und kreative Rekomposition.
Lennons „Happy Rishikesh Song“ gehört nicht zum Repertoire des Albums „The Beatles in India“, das im Mittelpunkt dieser Kramladensendung steht.
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