Rod Stewart
Erstsendung: 09.01.2020,
Rod Stewart zum 75. Geburtstag
Kurzfassung:
Galt er einst als eine der großen Charakter-Stimmen des Rock, so gilt er heute als einer der Show-Entertainer mit Las Vegas-Image. Hatte er einst im Bluesrock-Underground begonnen, so ist er heute im Glitzer-Showbiz angekommen. Ständige Kostümwechsel – fast wie bei Helene Fischer – scheinen ihm heute wichtiger zu sein als Variationen in seiner Musik. Über Rod Stewart ist in den seriösen Musikzeitschriften nicht mehr viel zu lesen, dafür um so mehr in Boulevard-Blättern. Dennoch: zu seinem 75. Geburtstag hält der Kramladen ein Plädoyer für Rod Stewart. Denn seine unverwechselbare Charakter-Stimme ist ihm geblieben und ab und an blitzt auch heute noch sein Können als seelenvoller Rock-Shouter auf.
ausführlicherer Ankündigungstext:
Auch mit 75 Jahren gibt sich Rod Stewart noch immer als Schwerenöter und Womanizer. Wird er heute interviewt, dann geht es meist mehr um seine Affären mit Blondinen, oder um seine Skandale und Marotten und weniger um seine Musik. Und das kommt auch nicht von ungefähr. Der Kramladen feiert eine Art von einer Art kritischer Geburtstagsparty für Rod Stewart, der am 10. Januar 1945 in London als Sohn eines aus Schottland stammenden Klempners geboren wurde und zu einem der populärsten und mit über 150 Millionen Tonträgern auch zu einem der erfolgreichsten, britischen Rock- und Popsänger aufstieg.
Die Rockbibel Rolling Stone wählte ihn unter den 100 besten Sänger aller Zeiten auf Rang 59 und watschte sein letztes Album mit neuem Songmaterial „Blood Red Roses” von 2018 als klischeehaft und sentimental ab. Die Queen adelte ihn 2016 zum „Sir” und das deutsche Publikum feierte ihn auf seiner letzten Tournee im Frühjahr 2019 mit Ovationen. Allerdings waren die im Las-Vegas-Stil aufgepeppten Konzerte nicht überall wirklich gut besucht – vielleicht auch kein Wunder bei Ticketpreisen bis zu 410 Euro.
In seiner Autobiografie „Rod” von 2012 nahm er kein Blatt vor den Mund, schrieb über seine Schwächen: schöne Frauen, schnelle Autos, benannte seine Fehler, Fremdgehen, Drogen, Alkohol, schwärmte von seinen Leidenschaften Fußball und Modelleisenbahnen und verschwieg auch nicht seine Erkrankung an Schilddrüsen-Krebs, und dass die Operation im Juli 2000 seine charakteristische Reibeisenstimme zu zerstören drohte, was gottlob dann doch nicht passierte, wie man weiß. In einem „Intermezzo”” genannten Kapitel der Biografie berichtet er, wie er Vorbild und Feindbild zugleich für die Punkbewegung war. Vorbild wegen seiner Frisur, Feindbild wegen seiner Musik. Im Buch gibt er Anleitungen, wie seine typische Ananas-Frisur von jedermann mit ausreichend Haupthaar selbst nachgestellt werden kann und erläutert auch das Geheimnis der Frisur. Zitat: „Die Idee war, so auszusehen, als wäre ich in einer Nacht beneidenswerter Ausschweifungen gerade aus dem Bett gefallen – dabei steckt eine Menge Arbeit in dieser Derangiertheit.”.
Es ist eigentlich ein Jammer, dass auch hier im Kramladen seine Frisur und seine Affären thematisiert werden. Aber was soll man denn auch Positives sagen über seine aktuelle Musik? Am 22. November 2019 erschien sein neuestes Album mit seinen großen alten Balladen, eingespielt mit dem Royal Philharmonic Orchestra. Titel „You’re In My Heart”. Ein zutreffender Untertitel wäre: Edel-Kitsch pur.
Doch da ist natürlich immer noch diese unverwechselbare Charakter-Stimme, rau wie ein Reibeisen, mal leidvoll waidwund klingend, mal romantisch schmachtend, mal expressiv seelenvoll alles herausschreiend, was an Sentiment aktivierbar ist. Und diese markante Stimme, die so manchem Kitscharrangement standhält, die hat er sich erhalten bis heute.
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