Hattlers Comeback ins Leben – Teil 1
Erstsendung: 18.10.2018
Kurzer Sendungstext:
Nach seiner schweren Erkrankung meldet sich Hellmut Hattler mit zwei großartigen Alben zurück: Hattler „Velocity“ und Kraan „The Trio Years“. Motto seiner Rückkehr ins Leben und auf die Bühne: „Liebe zur Vielfalt, zum Genuss des irdischen Gewusels – und zum Leben!“ Und: so möchte man hinzufügen, zu einer schöpferischen Individualität, die in der deutschen Pop/Rockszene ihresgleichen sucht.
In einem ausführlichen Gespräch, das ausschnittweise und in zwei Teilen im Kramladen zu hören ist, äußert sich Hellmut Hattler über seine Erkrankung, den fragilen Genesungsprozess und über die Hintergründe beider Alben.
Playlist
Artist Track Album Label Zeitplan
1. L. Shankar Darlene (Kramladen-Themamusik) Touch Me There Zappa Records 00:29
2. Kraan Jerk Of Life The Trio Years Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 02:58
3. Kraan Silver Buildings The Trio Years Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 09:46
4. Hattler Mayday In Paradise Velocity Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 19:22
5. Siyou/Hattler (Ausschnitte) Signs Of Love / Teaser (Ausschnitte, Montage) Signs Of Love / Velocity Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 26:28
6. Kraan Hallo Jaja I Don’t Know The Trio Years Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 29:26
7. Hattler Anthem For Approaching Straships Velocity Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 34:51
8. Hattler Home Bass Velocity Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 43:35
9. Hattler Velocity Velocity Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 50:54
10. Kraan Let It Out The Trio Years Bassball Recordings, 36 music, Brokensilence 57:42
Hattlers Comeback ins Leben
Nach seiner schweren Erkrankung meldet sich Hellmut Hattler mit zwei großartigen Alben zurück: Hattler „Velocity“ und Kraan „The Trio Years“. Motto seiner Rückkehr ins Leben und auf die Bühne: „Liebe zur Vielfalt, zum Genuss des irdischen Gewusels – und zum Leben!“ Und: so möchte man hinzufügen, zu einer schöpferischen Individualität, die in der deutschen Pop/Rockszene ihresgleichen sucht.
„Ich lag auf der Schippe und es ist ja auch noch nicht ausgestanden“, so freimütig spricht Hellmut Hattler im Kramladen-Gespräch über seine schwere Leukämie-Erkrankung, die ihn fast das Leben gekostet hätte und die als reale Bedrohung noch im Raum steht. Ein Risiko, mit dem er umgehen muss, was ihm offensichtlich gut gelingt. Mit seiner Band „Hattler“ gab er Anfang Oktober schon wieder fünf Konzerte und genießt es wieder live musizieren zu können. Die schwere Zeit im Krankenhaus, unter anderem mit vier Wochen Intensivstation und Isolation, überstand er nicht nur dank guter medizinischer Versorgung und intensiver Betreuung durch seine musikalische wie private Partnerin Siyou, sondern auch durch seine Musik und Kreativität als Songschreiber. Körperlich geschwächt und gefesselt ans Krankenbett, gab er nicht auf und spürte immer noch: die Gedanken sind frei und die musikalische Fantasie nicht minder.
Man machte es ihm möglich, dass er seinen desinfizierten Bass im Krankenzimmer spielen konnte, was nicht nur dem Erhalt seiner Fingerfertigkeit beim Bass-Spiel diente – die Chemotherapie hatte zu erheblichen Einschränkungen seiner Motorik geführt – Hellmut Hattler konnte die krankheitsbedingte, schwere psychologische Belastung durch seine Musik in kreative Prozesse umwandeln. So entstanden im Krankenhaus Grundzüge von Kompositionen, die nach der Krankenhaus-Entlassung für das neue Album „Velocity“ ausgearbeitet wurden und die gerade wegen der existenziellen Bedrohung und der kreativen Gegenwehr zum besten zählen, was Hellmut Hattler bislang veröffentlicht hat.
Vergleichbar einem Konzeptalbum, eingerahmt vom fantastischen, hymnischen Albumopener „Anthem For Approaching Starships“ und der gleichnamigen Reprise, greifen neun „sophisticated“ edle, klanglich ausgereifte, intelligent arrangierte Titel stimmig ineinander und vermitteln in feinen Abstufungen die vitale Energie des genesenden Ausnahmemusikers Hattler. Mit der Unterstützung seiner vertrauten musikalischen Partner (Fola Dada, Gesang / Joo Kraus, Trompete / Ali Neander, Gitarre / Martin Kasper, Keyboards / Peter Musebrink, Beats and Sounds / Moritz Müller, Schlagzeug / Jürgen Schlachter, Xylophon, Perkussion / Torsten de Winkel, E-Sitar) gelingt es dem begnadeten Bassisten und profilierten Songkomponisten Hellmut Hattler eine spannungsvolle Stil-Melange und Themenverdichtung auf der Höhe der Zeit und erst recht auf der qualitativen Höhe der aktuellen Pop-Kunst – und, Überraschung: bei zwei Titeln übernimmt er sogar den Lead-Gesang – achtbar! und Hattler-typisch eigen!
Auch die Entstehung des zweiten, ebenfalls soeben veröffentlichten Albums Kraan „The Trio Years“ hat wesentlich dazu beigetragen, dass Hellmut Hattler seine Blutkrebserkrankung ertragen und überwinden konnte. Sein langjähriger Produktionspartner Jürgen Schlachter nahm die Erkrankung des Freundes zum Anlass, in den Archiven der Kraan-Liveaufnahmen verschollen geglaubte Preziosen aus acht Jahren Kraan-Tourneen zu sichten und zu restaurieren. Stück für Stück erhielt der schwer kranke Kraan-Bassist die klangtechnisch optimierten Liveaufnahmen ins Krankenhaus geliefert und konnte hören, welch hochklassige, eigenständige Trio-Musik ihm und seinen beiden Kraan-Mitstreitern Peter Wolbrandt und Jan Fride zwischen 2008 und 2017 auf Konzerten gelungen war. Vom Krankenbett aus arbeitete Hellmut Hattler an der Auswahl der Stücke und deren Editierung mit, was für ihn ein „wirksames Hör- und Heilmittel“ war.
Die zwölf fein austarierten Titel des Albums „The Trio Years“ müssen jedem, der Ohren hat zu hören, klar ins Bewusstsein rufen, dass Kraan ein Glücksfall für die deutsche Rockszene war und ist. Niemand sonst in der Welt der kreativen Rocktöne klingt wie Kraan: so unverwechselbar, virtuos spielerisch und musikthematisch ebenso lust- wie niveauvoll. Und hörbar ist auch, ohne die Bedeutung der beiden anderen schmälern zu wollen, wer das kreative Energiezentrum bei Kraan ist: Mastermind Hellmut Hattler.
In einem ausführlichen Gespräch, geführt am 16.10., das ausschnittweise im Kramladen zu hören ist, äußert sich Hellmut Hattler über seine Erkrankung, den fragilen Genesungsprozess und die Hintergründe beider Alben.