Volker Kriegels Schatztruhe
Erstsendung: 24.01.2019
Kurzer Sendungstext: Aus dem Archiv-Nachlass des großen deutschen Fusion-Gitarristen und Komponisten Volker Kriegel erscheinen am 5. Januar gleich drei neue, bemerkenswerte CDs, darunter als Überraschung die Doppel-CD „Biton Grooves“ mit bislang in der Öffentlichkeit völlig unbekannter Musik – ausführlich vorgestellt im Kramladen.
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Volker Kriegels Schatztruhe
Aus dem Archiv-Nachlass des großen deutschen Fusion-Gitarristen und Komponisten erscheinen am 25. Januar gleich drei neue bemerkenswerte CDs.
Es gibt gute Neuigkeiten zu Volker Kriegel, dem großen deutschen Jazzrock-Gitarristen, Mitglied des United Jazz & Rock Ensembles, der im Jahre 2003 im Alter von nur 59 Jahren verstarb. Jahrzehntelang unbeachtet lag in einem Abstellraum das private Bandarchiv von Volker Kriegel, ohne dass jemand wusste, welche Schätze darin verborgen sind. Erst im letzten Jahr wurde das umfangreiche Musikmaterial gesichtet, und die drei Kriegel-Forscher und „Mild Maniacs“, wie sie sich nach dem berühmten, nun remastert wiederveröffentlichten Kriegel-Album genannt haben, Alexander Pawlak (Heidelberg), Friedrich-Wilhelm Meyer (Stuttgart) und Toningenieur Johannes Scheibenreif (Wien) hatten den Eindruck und später die Gewissheit, eine Schatztruhe geöffnet zu haben. Es fanden sich Alternativ-Versionen bekannter Titel, Outtakes, Live-Aufnahmen von Konzert-Tourneen und Überraschungen von Aufnahmen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.
All das war Bestandteil der – trotz langer Lagerzeit – noch relativ gut erhaltenen, wieder entdeckten Masterbänder von Alben, die Volker Kriegel mit eigenen Bands oder mit dem Dave Pike Set aufgenommen hatte. Daneben entdeckte man in Vergessenheit geratene „Konzert-Mitschnitte, Musiken für Film, Fernsehen, Theater und Werbung und – als besonderen Schatz – die kompletten Aufnahmen der Afrika-Tournee, die das Mild Maniac Orchestra 1979 im Auftrag des Goethe-Instituts unternommen hatte“ (Alexander Pawlak). Diese Liveaufnahmen der Afrika-Tournee und einige weitere Archiv-Schätze sollen aber einer späteren Veröffentlichung vorbehalten bleiben.
Als erstes Paket der Volker Kriegel Archiv-Kollektion und Retrospektive sind nun drei CDs erschienen:
In offiziellen Diskographien ist diese Funktionsmusik nie aufgetaucht. Volker Kriegel hat gemeinsam mit seinen damaligen Bandmitgliedern zwischen 1974 und 1982 viele Titel dieser Gebrauchsmusik für das Frankfurter Biton-Studio eingespielt – insgesamt sieben LPs. 37 Titel aus dieser Serie werden nun erstmals offiziell der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Für Biton und andere Verlage waren diese Produktionen mit funktioneller Musik ein Geschäftsmodell, weil sie als Rechteinhaber Tantiemen beim Einsatz dieser Musik erhielten. Und für die Musiker waren diese Studiojobs ein guter Nebenverdienst und für die Komponisten dieser Instrumentalstücke, wie Volker Kriegel, zusätzlich eine Verbesserung ihrer GEMA-Einnahmen.
Diese „Biton-Grooves“ genannten Aufnahmen funktioneller Musik waren lange Zeit ein gut gehütetes Geheimnis. „Die Fans von Volker Kriegel sollten davon eher nichts erfahren, um einen ‚Kommerzverdacht’ zu vermeiden“, schreibt der Koordinator des Kriegel-Archivprojekts Alexander Pawlak. Auch wenn manche Gralshüter des artifiziellen Jazzrock über derlei „kommerzielle Gebrauchsmusik“ die Nase rümpfen, Volker Kriegel und seine Mitmusiker haben hier nichts Unredliches „verbrochen“. Im Gegenteil. Mit ihrer niemals verleugneten handwerklichen Klasse haben sie nichts weiter als eine etwas gefälligere, melodisch und harmonisch teilweise vereinfachte Version ihrer „regulären“ offiziell veröffentlichten Musik produziert. Aber dennoch ist bei diesen musikalischen Auftragsarbeiten für kommerzielle Zwecke immer noch der Anspruch von Vollblutmusikern herauszuhören, handwerklich einwandfreie Aufnahmen auf einem vorzeigbaren produktionstechnischen Niveau abzuliefern – und sich dabei auch – trotz eingeschränktem Bewegungsspielraum – künstlerisch nicht unter Wert zu verkaufen. So sind vor allem auf CD 2 der „Biton Grooves“ etliche überraschend gute, sogar auch teils herausragende Stücke zu hören, die es zu entdecken lohnt.
Insgesamt ist dieses Dreifach-CD-Paket mit bislang ungeborgenen Archiv-Schätzen unterschiedlichster Ausprägung der vielgestaltigen Musik von Volker Kriegel eine Fundgrube nicht nur für Verehrer des großen Fusion-Gitarristen und Komponisten, sondern auch ein Manifest der kreativen Kraft Kriegels und darüber hinaus ein inhaltliches Statement für den Entwicklungsstand des deutschen Jazzrock in den 70er und 80er Jahren dank Volker Kriegel und seiner Mitstreiter.