Pete Who – Zum 70. Geburtstag von Pete Townshend
Erstsendung: 21.05.2015
„Ich wurde geboren mit einem Plastiklöffel in meinem Mund“, so lautet eine berühmte Songzeile aus seiner Schreibe. Tatsächlich wurde er am 19. Mai 1945 im englischen Provinznest Chiswick als Peter Danis Blanford Townshend geboren. Mit seinen Schulfreunden Roger Daltrey und John Entwistle gründete er 1964 die Band The High Numbers, die sich nach dem Zugang des Drummers Keith Moon in The Who umbenannte. Vor 50 Jahren, im Frühjahr 1965, erschienen die ersten beiden Singles von The Who: „I Can’t Explain“ und „Anyway, Anyhow, Anywhere“. Beide erreichten die Top Ten der britischen Single-Charts. Doch die dritte Single „My Generation“, die gestotterte Anklage der jungen Generation gegen die vorurteilsbeladenen Erwachsenen, machte The Who weltweit berühmt. Autor dieser rebellischen Jugend-Hymne – wie auch aller anderen großen Songs von The Who – war Pete Townshend. Mit den Songzyklen „Tommy“ und „Quadrophenia“ avancierte er zu einem der wichtigsten und intelligentesten Songschreiber der Popgeschichte.
Die frühen aggressionsgeladenen Konzerte von The Who, bei denen meist Pete Townshends Gitarre und Verstärker zu Bruch gingen, nahmen den Punk vorweg. Die Aufführung seines Song-Oratoriums „Tommy“ in großen Opernhäusern bereitete den Weg der Verbindung von Pop und E-Musik. Seinen kreativen genialischen Zügen standen auch immer wieder die Abgründe Pete Townshends gegenüber. „Ich muss mich in Cognac ersaufen, wieviel ich auch trinke, es ist mir egal“, hatte er 1975 im Song „How Much I Booze“ getextet. 1981 soll sein Drogenkonsum fast lebensbedrohlich gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt lag seine erfolgreichste Zeit bereits hinter ihm. Seine Soloalben, die teilweise noch überzeugende Songs enthielten, erreichten das große Publikum nicht mehr. In den 90er Jahren arbeitete Pete Townshend nebenher auch als Musikjournalist und Lektor und gab vereinzelt umjubelte Reunion-Konzerte mit seiner Hausband The Who.
Im Frühjahr 2003 wurde die Popwelt von der Meldung schockiert, Pete Townshend sei als Benutzer von kinderpornographischen Internetseiten verhaftet worden. Er verteidigte sich, dies hätte nur Recherche-Zwecken gedient. In seiner im Jahr 2012 veröffentlichten Autobiographie „Who I Am“ benannte er die Hintergründe: er sei als Kind selbst Opfer sexueller Übergriffe gewesen.
Pete Townshend veröffentlichte zwischen 1972 und 1993 sieben Studio-Soloalben. Außerdem sind von ihm acht Live-Soloalben erschienen. Als Studiomusiker begleitete er Kollegen wie David Bowie, Elton John, Mick Jagger, Paul McCartney und David Gilmour bei deren Plattenaufnahmen. Ab Ende der neunziger Jahre ist Pete Townshend wieder regelmäßig mit The Who aufgetreten – so etwa von August 2012 bis Juni 2013 mit der erneuten Live-Aufführung der Rockoper „Quadrophenia“ von 1973. Seit November 2014 ist die Band auf einer Welttournee unter der Überschrift „The Who Hits 50!“. Beim Glastonbury Festival vom 24. bis 28. Juni 2015 zählen The Who zu den Topacts. Im Juli will Pete Townshend seinen Songzyklus „Quadrophenia“ als klassische Symphonie in der Londoner Royal Albert Hall mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufführen. Statt Who-Sänger Roger Daltrey wird der Gesangspart von dem britischen Opern-Tenor Alfie Boe übernommen. Pete Townshend ist nicht der einzige Rockmusiker, der im gereiftem Alter nach den höheren Weihen der Klassik strebt. Von seiner Quadrophenia-Symphonie verspricht sich Pete Townshend den Zugang zu einem neuen Publikum, das für gewöhnlich nicht in Rock-Konzerte geht. Wie textete der heute 70-jährige vor 50 Jahren im gestotterten Songklassiker „My Generation“?: „People try to put us d-down / Just because we get around / Things they do look awful c-c-cold / I hope I die before I get old / Talkin‘ ‚bout my generation.“
Playlist zum Kramladen über Pete Townshend: Artist / Track /Album / Label
Audio: