Kreativland Island
Erstsendung: 13.10.2011
Gerade ist das neue Kreativwerk „Biophilia” von Björk erschienen. Und die isländische Popszene hat erneut den eigenen Weltrekord gebrochen, im Verhältnis zur Einwohnerzahl weltweit die meisten Popveröffentlichungen und Band-Neugründungen zu verbuchen. Die isländische Literatur ist das Schwerpunkthema der aktuellen Frankfurter Buchmesse. Und die Frankfurter Kunsthalle Schirn zeigt die mythischen Installationen der isländischen Künstlerin Gabríela Frioriksdóttir. So viel Island war lange nicht, so viel geballte musikalische, literarische, künstlerische Kreativität von der Insel aus Eis und Feuer war lange nicht zu erleben.
Björks neues Projekt „Biophilia” stellt dabei die Vulkanspitze der aktuellen isländischen Kreativ-Ausbrüche dar. Die neue CD/LP scheint nur ein Randphänomen zu sein, ist jedenfalls nur ein Teilaspekt des Gesamtkunstwerks, das aus einer eigenen Website und Videos besteht, außerdem aus Workshops, musikpädagogischen Seminaren und einer dreijährigen Welttournee plus Filmdokumentation. Der technische Clou dabei sind allerdings die Musik-Apps, Multimedia-Applikationen für iPhone und iPad, die ein neues Pop-Zeitalter in der digitalen und virtuellen Welt eröffnen sollen. Das inhaltliche Konzept von „Biophilia” erläutert der berühmte Naturfilmer Sir David Attenborough – natürlich auch mittels App: „Biophilia meint die Liebe zur Natur in all ihren Ausprägungen. Sie geht einher mit einer ruhelosen Neugier und dem Drang, zu erforschen, wie Mensch und Natur einander begegnen”. „Biophilia” versteht sich als eine eigene virtuelle Galaxie. Jeder Song ist ein eigener neuer Planet. Zu jedem Planeten gehört eine App und jede App kostet € 1,59 und beschäftigt sich mit unterschiedlichen Phänomenen der Naturwissenschaft. Auch kreativer Geschäftssinn gehört also zu den Eigenschaften von „Biophilia”.
Neben überschwänglichen Lobeshymnen finden sich auch kritische Stimmen zum neuen Multimedia-Kunstwerk „Biophilia”. Nur noch Extravaganz, aber kaum noch Emotion und keinerlei Groove wird Björk von der FAZ bescheinigt. Und der Kritiker der Süddeutschen hat die „Schnauze voll” von dem „ganzen überzogenen Anspruch”. In „Biophilia” posaune jeder Ton: „Achtung, Sie verlassen den Pop-Sektor. Ab hier nur nach Höchstkultur.
Ob Björks zweifellos ambitioniertes Projekt hilft, der angeschlagenen Plattenindustrie einen Weg aus der Krise zu weisen? Viele in der Branche erhoffen sich nicht weniger als einen zukunftsweisenden Anschub, natürlich auch kommerziell. Was das Thema Krisenbewältigung angeht, ist Björk jedenfalls eine geschulte, typische Isländerin, Denn: Krise hin, Vulkan her, die Isländer haben gelernt, jegliches Ungemach locker zu nehmen und mit Spontaneität und Kreativität auf die Herausforderungen zu reagieren. „Pedda Reddast”, so lautet der Lieblingsspruch der Inselbewohner, was zu deutsch etwa heißt: „irgendwie wird’s schon klappen”.
Der Kramladen geht in dieser Stunde auf eine Reise durch das musikalische und literarische Kreativland Island.
Playlist zum Kramladen “Kreativland Island v. 13.10.11
Artist / Track / Album /Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. FM Belfast / Vertigo / Don’t Want To Sleep / Morr, Indigo
3. Björk / Cosmonogy / Biophilia / Polydor, Universal
4. Björk / Moon / Biophilia / Polydor, Universal
5. Hera Hjartardottir / Eyrarröst Hafid Bennan Dag / Skifan Reykjavik
6. Björk / Thunderbolt / Biophilia / Polydor, Universal
7. Amiina / Hilli / Kurr / Ever Records
8. Björk / Sacrifice / Biophilia / Polydor, Universal
9. Björk / Virus / Biophilia / Polydor, Universal
10. Valgeir Sigurdsson / Dreamlands / Dreamlands / download
11. Ampop / January (Hintergrundmusik) / Made For Market / TMT-Entertainment, Thulemusik, SRD
Audio: