„Lord of Classic-Rock“
Eine kleine Geschichte des Genres Klassik & Rock – zum 70. Geburtstag von Jon Lord
John Douglas „Jon“ Lord (* 9. Juni 1941 in Leicester, England; † 16. Juli 2012 in London)
Erstsendung: 09.06.2011
„Aufgedonnert, pathetisch, kitschig, pompös, vergeigt !“, so hat man früher den Einsatz von großen Orchestern in der Rockmusik oft geschmäht. Heute gehört es längst zum guten Ton, ein großes Sinfonieorchester, ein mittleres Klassik-Ensemble oder zumindest ein kammermusikalisches Streichquartett als Begleitung zu verpflichten. Liegt es am Überangebot preisgünstiger osteuropäischer Orchester, oder liebt der Pop-Zeitgeist einen noblen Hauch von Klassik, oder sollte die jahrzehntelang zementierte Trennung zwischen E- und U-Musik endlich auf dem Müllplatz der Musikgeschichte entsorgt worden sein?
Wenn zwei Welten sich treffen
Deep Purples klassisch ausgebildeter Tastenvirtuose Jon Lord war neben Keith Emerson der erste Rockmusiker, der eine Komposition mit Werkcharakter speziell für das Zusammenspiel von Orchester und Rockgruppe geschrieben hat. Unter der Überschrift „When Two Worlds Meet“ wurde Jon Lords „Concerto For Group And Orchestra“ am 24.September 1969 in der Londoner Royal Albert Hall von Deep Purple und The Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Malcom Arnold uraufgeführt. Im Oktober 1969 folgte Keith Emerson mit seiner Gruppe The Nice und der Aufführung seines Orchesterwerks „Five Bridges Suite“. Diese beiden ersten Klassik/Rock-Projekte, die sehr erfolgreich waren und überwiegend positiv besprochen wurden, gelten als Initial-Zündung für die sich schlagartig ausbreitende Interaktion zwischen Pop/Rock und Klassik.
Alles geht zwischen Bach und Beat
Bach (goes R’n’B), Mussorgski (ELP), Mozart (Toni Castells, Mozartband), Wagner (Ben Lierhouse Project), Smetana (Matthias Arfmann Recomposed) und andere E-Musik-Komponisten wurden verrockt. Der Münchner Dirigent Eberhard Schoener verschmolz Klassik, Rock, Weltmusik und Elektronik, während Vivaldi-Geiger Nigel Kennedy eine wilde Mixtur aus Klassik, Punk, Jazz und Avantgarde präsentierte. Dagegen eher brav sang Heldentenor Pavarotti mit unzähligen Pop/Rockmusiker im Duett. Aus dem Poplager versuchten sich Paul McCartney (Standing Stone), Frank Zappa (The Yellow Shark) und andere an Kompositionen im klassischen Gewand.
In fast allen Stilrichtungen der Pop/Rockmusik gab es Projekte mit großem Orchester: ob im Artrock mit Yes, im Metalrock mit Metallica, im Jazzrock mit Pat Metheny, im Punk mit The Stranglers, im HipHop mit Puff Daddy oder dem Rapsody Poject.
Heute treten Sting und Peter Gabriel wie selbstverständlich mit großem Orchester auf, der Klassik-Geiger David Garrett spielt seine „Rock-Symphonies“ in Open Air-Arenen, das neu formierte Electric Light Orchestra tingelt mit Orchesterbegleitung durch die Provinz, die Beatles Revival Band lässt die Lennon/McCartney-Songklassiker im pompös-orchestralen Glanz erstrahlen und jedes zweite Stadtfest oder Firmenjubiläum gönnt sich ein Konzert „Classic meets Rock“.
Vom Hardrock zum Klassik-Rock zum Bluesrock
Derweil ist der ursprünglich hard-and-heavy rockende Pionier des Klassik/Rock-Experiments Jon Lord zum Bluesrock zurückgekehrt, mit dem er seine Musikerkarriere in den frühen sechziger Jahren begonnen hatte. Nachdem Jon Lord die von ihm mitgegründete Band Deep Purple im Jahre 2002 endgültig und in aller Freundschaft verlassen hatte, widmete er sich neben weiteren Klassik-Rock-Produktionen seiner alten Liebe Rhythm’n’Blues und Hammond-Orgel. Mit seinem Jon Lord Blues Project ist er seit 2008 kontinuierlich auf Tour und spielt auf seiner Hammond große Rock- und R&B-Klassiker, unterstützt von hochkarätigen Mitmusikern: der Ex-Stone the Crows-Sängerin Maggie Bell, dem Savoy Brown-Gitarristen Miller Anderson, dem Super-Bassisten Colin Hodgkinson (Back Door etc) und der Drummer-Legende Pete York.
Der Kramladen feiert den am 9. Juni 1941 geborenen Jon Lord und erinnert an ein paar Meilensteine im weiten Feld zwischen Klassik und Rock.
„But in the end, if music doesn’t stand alone and stand and speak for itself, then it’s failed.” (Jon Lord)
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