„Lizard King, Endzeit-Poet, Leder-Ikone, Rock-Schamane”
Zum 40. Todestag von Jim MorrisonMorrison
Erstsendung: 23.06.2011
„Und Jim stirbt jeden Tag ein bißchen mehr, schrecklich und schön, während er darum ringt, seine Kunst zu perfektionieren,” schrieb das US-Magazin Crawdaddy 1968 ahnungsvoll über den Sänger der Doors. Doch dessen eigentliche künstlerische Berufung war die des Dichters, nicht des Rockstars. Doch wenn er längere Gedichte im Konzert rezitierte, pfiff das Publikum, buhte ihn aus und schrie nach „Light my fire”. Er reagierte mit Publikumsbeschimpfung, Bosheit, Arroganz und Verachtung. Die Fans wollten den Superstar, das Sex-Symbol, den exzentrischen Underground-Performer erleben, all diese Rollen, die er perfekt zu spielen verstand – doch mit dem Dichter Jim Morrison konnten nur die Wenigsten etwas anfangen.
Auch die Kritiker vom Fach waren gespalten, was die Beurteilung seiner Lyrik anging. Sie fanden „hellsichtiges und nebulöses: Kristalle und Abraum, Scharfsinn und Stumpfsinn, Nachdenkliches und Nachempfundenes, Visionen, Gespinste, Alpträume” (U. Schmidt).
In seinem großen Poem „An American Prayer” heißt es: „Der Tod macht Engel aus uns allen, gibt uns Flügel so weich wie Rabenschwingen. Dieses andere Königreich scheint das bei weitem beste zu sein.” Jim Morrison kam es immer darauf an, Türen aufzustoßen – „Türen zur Freiheit, zum Unbekannten, zum Unbewussten, zum Unheimlichen”. „Break on through to the other side”, so hieß seine Maxime. Der Durchbruch zur anderen Seite ist ihm am 3.7.1971 in einer endgültigen Konsequenz gelungen. Seine Langzeit-Freundin Pamela Courson, mit der er seit März 1971 in Paris lebte, fand ihn am Morgen des 3. Juli tot in der Badewanne. Herzversagen wurde als Todesursache angegeben; vermutlicher Auslöser war Alkohol-Missbrauch und eine Heroin-Überdosis. Kurz vor seinem Tod hatte Jim Morrison ahnungsvolle Zeilen in sein Notizbuch geschrieben:
„Lass den aufgeklärten Verstand in unserem Kielwasser zurück / du wirst Christus sein auf dieser Pauschalreise / Geld schlägt die Seele / letzte Worte, letzte Worte / Aus.”
„This is the end” – noch lange nicht. Sein Grab gehört zu den „populärsten Touristenattraktionen in Paris und ist bis heute das meistbesuchte der rund 70.000 Gräber des Friedhofs Père Lachaise, auf dem viele bekannte Persönlichkeiten ruhen” (Wikipedia). Zum 40. Todestag taucht nun wieder die Legende auf, Jim Morrison habe seinen Tod nur vorgetäuscht, um fernab des Starrummels ein neues Leben zu beginnen. Der heute 67-jährige würde inkognito auf den Seychellen leben. Ausgerechnet der Doors-Kollege Ray Manzarek hatte diese Legende 2008 in die Welt gesetzt – und zwar mit der Aussage, im Jahre 1970 habe Jim Morrison ihm eine Broschüre über die Seychellen gezeigt mit den Worten: „Wäre das nicht ein perfekter Ort, wenn dich jeder für tot hält?”
1969 hatte Jim Morrison in einem Interview gesagt: „Ich hätte nichts dagegen, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen. Das wäre eine gute Art, abzutreten. Ich will nicht im Schlaf sterben oder an Altersschwäche oder an einer Überdosis. Ich möchte wissen, wie es sich anfühlt. Ich möchte es schmecken, hören, riechen. Man stirbt nur ein einziges Mal, und ich will das nicht verpassen.”
Playlist für Sendung zum 40. Todestag von Jim Morrison am 23.06.11
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